Umweltbericht Die Fußball-Bundesliga wird grün

Sonnenenergie vom Stadiondach, sparsame Duschen in der Umkleide: Die Bundesliga wird nachhaltig. Das lohnt sich – denn das Energiesparpotenzial ist hoch.

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Sie sollte 105 Meter lang und 68 Meter breit sein, im Sommer nicht höher geschnitten als 25 Millimeter: die perfekte Rasenfläche der Fußball Bundesliga. Dann wirkt sie saftig grün, wie frisch von der Weide ins Stadion verpflanzt. Einen Bundesliga-Rasen so hochzuzüchten, dass er selbst in den schattigen Multifunktionsarenen noch lückenlos grün bleibt, ist aber nicht so nachhaltig, wie seine Farbe vermuten lässt: Dank Rasenheizung und Lichtbehandlung herrscht für den Stadionrasen ganzjährig Sommer – das kostet Energie.

Und auch der Wasserverbrauch ist enorm, machen Rasensprenger das Feld vor Anpfiff doch erst bespielbar für die Profis. Denn nur auf nassem Rasen  läuft der Ball schnell genug.

Wie grün ist also die Bundesliga, mal abgesehen von der Rasenfarbe?

Das fragen sich die Clubs mittlerweile selbst, lassen ihre Ökobilanzen prüfen und erarbeiten Konzepte, um Energie zu sparen. Die nachhaltige Rasenpflege ist dabei nur ein Aspekt.

Vereine zeigen sich nachhaltigMit dem VfL Wolfsburg und dem Hamburger SV haben zwei Bundesligavereine bereits Ergebnisse in einem sogenannten CSR-Bericht vorgelegt. Corporate Social Responsibility ist in der Wirtschaft mittlerweile gängig – Unternehmen engagieren sich neben ihrem Kerngeschäft für Gesellschaft und Umwelt. Verpflichtend sind weder die sozialen Projekte, noch die CSR-Berichte. Jetzt hat auch die Deutsche Fußball Liga nachgezogen und den ersten Bundesliga Umweltreport vorgelegt.

Zusammen mit dem Beratungsunternehmen RölfsPartner hat die DFL die 50 Umweltprojekte aller Bundesligisten analysiert. Jährlich würden damit 5,3 Millionen Kilowattstunden Strom gespart, so das Fazit. Das entspricht in etwa dem Jahresverbrauch von 1000 Vierpersonen-Haushalten.  „Schwerpunkte setzen die Clubs bei der Erzeugung und Einsparung von Energie, im Hinblick auf die effizientere Nutzung von Wasser sowie bei der Reduzierung von Emissionen und Abfall“, schreibt der Präsident des Ligaverbands, Reinhard Rauball, im Umweltreport.

Der CSR-Bericht des VfL Wolfsburg zeigt, dass dem Club – wie könnte es anders sein – Wölfe besonders am Herzen liegen. Als Partner des Naturschutzbundes NABU setzt sich der VfL zum Beispiel dafür ein, dass freilebende Wölfe wieder nach Deutschland zurückkehren.

Reduce, reuse, recycleIm Fokus stehen hingegen Energiespar-Maßnahmen: 2011 hat der Verein insgesamt 8305 Tonnen CO2-Äquivalente ausgestoßen.  Der Durchschnittswert in Deutschland liegt bei etwa 10 Tonnen CO2 pro Person.  Bis zum Ende der Saison 2017/2018 soll der Betrag um ein Viertel gesenkt werden, unter anderem durch moderne Gebäudeleittechnik, Rasenheizungsrücklauf und den Einsatz  von LED-Lampen. Den größten Anteil der Emissionen machen aber die Stadionbesucher aus. Mit ihrer An- und Abreise zu den Spielen sind sie fast für die Hälfte aller Emissionen verantwortlich.

Erste Erfolge kann der VfL Wolfsburg jetzt schon vorweisen: Seit Juni 2011 beziehen die Geschäftsstelle, das Stadion, das Leistungszentrum für den Nachwuchs und die Räume der Fußballer Ökostrom aus Wasserkraft. Dadurch habe man in der Saison 2011/2012 bereits 2.188 Tonnen CO2  einsparen können, so der VfL.

Auch den Trinkwasserverbrauch konnte der Verein nach eigenen Angaben reduzieren: um etwa 16 Millionen Liter, was einem Drittel des Gesamtverbrauchs entspricht. Die Rasenplätze werden mittlerweile mit Wasser aus dem Mittellandkanal gesprengt.

Beim Hamburger SV sieht es ähnlich aus. Seit das Stadion den Schriftzug des neuen Sponsors Imtech trägt, ist die Arena um etwa ein Drittel energieeffizienter. Imtech ist auf Energie- und Gebäudetechnik spezialisiert. Die Rasenheizung, Luftströme im Stadion oder Abwärme werden in Hamburg jetzt effizienter  genutzt. Bald soll auch die Beleuchtung über LEDs funktionieren.

Zwar halten die Wolfsburger und Hamburg bisher als einzige ihre Ergebnisse in einem CSR-Bericht fest, aber auch andere Bundesligavereine versorgen ihre Stadien mit grüner Energie und versuchen, effizienter zu werden.

Das Stadion wird zum SolarkraftwerkVorreiter war 1995 der SC Freiburg, der die erste Solaranlage auf seinem Bundesliga-Stadiondach unterbrachte. Heute stehen die Profis in der Umkleide unter sparsamen Duschköpfen und der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, sein Stadion CO2-neutral zu betreiben. Was das heißt, lässt sich schon beim FC Augsburg betrachten. Dort steht seit 2009 eines der wenigen CO2-neutralen Stadien weltweit.  Wie auch bei anderen Erstligaclubs kommt der Strom aus erneuerbaren Energien. Die Heizung übernehmen zwei Grundwasser-Wärmepumpen, die ganzjährig mit etwa 10 Grad kaltem Wasser versorgt werden. Der Rasen und das Gebäude lassen sich so im Sommer kühlen und im Winter heizen. Sollte der Winter zu streng werden, lässt sich noch eine Bio-Erdgas-Anlage zuschalten.

Solaranlagen haben mittlerweile auch der FSV Mainz 05 und Borussia Dortmund auf ihren Dächern. In Dortmund baute der Solarzellenproduzent Q-Cells als Sponsor gar das BVB Logo aus Solarmodulen auf das Stadiondach. In Bremen produziert die Solaranlage des renovierten Stadions jährlich circa 750.000 Kilowattstunden Strom. Das reicht, um etwa 300 Haushalte mit Strom zu versorgen und den CO2-Ausstoß des Stadions um 500 Tonnen zu verringern.

Auch Bayern München ließ eine Energieanalyse für seine Allianz Arena anfertigen. Das Ergebnis:  Rund 2.000 Megawattstunden Energie könnte der Verein jährlich einsparen, so viel wie eine kleinere Windturbine im Jahr produziert. Das wären dann etwa 1100 Tonnen CO2-Emissionen weniger im Jahr.

Um die Pläne umzusetzen, unterzeichneten die Bayern Anfang 2012 eine Energiepartnerschaft mit Imtech, dem Unternehmen, das auch das Hamburger Stadion energiesaniert. Im vergangenen Jahr haben sie schon mehr als 500 Tonnen CO2 eingespart. Die  Rasenheizung stellten sie auf Fernwärme um, isolierten die Heizung der Arena und sorgten für sparsamere Aufbereitung von warmem Wasser. Sie statteten den Kassenbereich mit einer effizienten Wärmepumpentechnologie aus und optimierten die Ersatzrasenheizung. Weitere Effizienzmaßnahmen sollen folgen, etwa eine Photovoltaik-Anlage für das Trainingszentrum. Nach Angaben von Imtech sollen sich die Investitionen innerhalb von fünf Jahren für den Verein lohnen.

Ein grüner Rasen kostetBleibt noch das Problem mit dem Rasen. Die Bewässerung vor dem Spiel ist nur eine kurze kosmetische Maßnahme, um den Rasen gleitfähiger zu machen, sagt Günther Schwab. Er hat mit seiner Rollrasenfirma schon viele Bundesligavereine beliefert. Pro Woche müsse ein Spielfeld mit etwa 15-20 Litern pro Quadratmeter bewässert werden. In einer Saison entspricht das dem Inhalt eines schmalen 25-Meter Schwimmbeckens.

Schwerer wiegt die Rasenheizung in der Ökobilanz: Die Deutsche Fußball Liga schreibt vor, dass „für den Spielbetrieb eine Regelwärmeleistung von 900 bis 1.200 kW“ zu gewährleisten ist, um den Rasen zu beheizen. Heißt: Während eines 90-minütigen Spiels fallen bis zu 1800 Kilowattstunden Strom an – etwas mehr, als ein Singlehaushalt im Jahr verbraucht. Üblicherweise laufen die Heizungen aber von November bis Februar komplett durch, in manchen Jahren sogar etwas länger. Die Rasenzüchter wünschen sich deshalb eine längere Winterpause und mehr Spieltage im Sommer. Dann wächst der Rasen am besten und verbraucht weniger zugeführte Energie. Der Umweltreport der Bundesliga zeigt aber, dass viele Vereine bereits versuchen, die Heizungen zu optimieren.

Damit der Rasen aber auch in den Wintermonaten saftig grün scheint, nutzen die Vereine heute besondere Lampen, die das Wachstum fördern. Bisher werden dazu noch Natriumdampflampen genutzt. Werder Bremen schreibt, dass man im Jahr etwa 400 000 Kilowattstunden benötige um den Stadionrasen so zu beleuchten und aufzupäppeln. Die Kosten für solch eine Beleuchtung liegen Schätzungen zufolge zwischen 100 000 und 300 000 Euro. Der Verein geht wie viele andere Bundesligavereine allerdings davon aus, dass sich diese Maßnahme auszahlt. Denn so könnten zwei komplette Spielfeldwechsel verhindert werden, die ebenfalls um die 100 000 Euro kosten. In anderen Stadien müssen aufgrund der hohen Ränge, die dem Rasen nur wenig Licht lassen, sogar bis zu fünf Mal pro Saison die Felder getauscht werden.

Früher sei so etwas nicht denkbar gewesen, sagt Rasenexperte Günther Schwab. Im Münchener Olympiastadion habe ein Rasen dank der offenen Tribünen bis zu zehn Jahre lang gehalten. Ohne künstliches Licht. Aber auch für das Rasendilemma ist eine Lösung in Sicht: Derzeit werden Anlagenkonzepte getestet, bei denen LEDs das perfekte Licht für die Grashalme liefern und Energie sparen.

Linktipp: Ein Artikel der Deutschen Welle befasst sich mit der Problematik von Flugreisen im Profifußball, die wir hier nicht thematisiert haben.

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