Bienensterben Tödlicher Virus verbreitet sich auch dank Menschen

Milben und Menschen dürften einen Virus verbreitet haben, der für das Bienensterben mitverantwortlich ist.

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Dass der Mensch zum Bienensterben beiträgt, gilt als unumstritten - wie genau er das macht, ist aber noch nicht ganz klar. Im Verdacht stehen Pestizide, eine im Science-Magazin veröffentlichte Studie benennt allerdings einen ganz anderen Verdächtigen.

Durch Umsiedlung der Honigbienen zwischen verschiedenen Ländern und Kontinenten haben die Menschen bei der Ausbreitung des Deformed Wing Virus (DMV) geholfen, der zusammen mit der Varroa Milbe (siehe Foto) der Bienenbevölkerung extremen Schaden zufügt. Da Bienen über dreißig Prozent unserer Ernte bestäuben und dadurch essenziel für die Landwirtschaft sind, wird das zum immer größeren Problem.

Der Deformed Wing Virus führt, wie der Name schon erahnen lässt, unter anderem dazu, dass die Flügel verkommen und nutzlos werden. Andere Symptome sind Lähmung der Beine und Flügel und ein verkleinerter Körper. Von dem Virus betroffene Bienen habe eine stark verkürzte Lebensdauer, meist weniger als zwei Tage. Dabei wäre der Virus auf sich alleine gestellt eigentlich keine besonders große Gefahr für die gesamte Bienenbevölkerung.

Virus und Milben - eine tödliche KombinationErst in Kombination mit einem Befall der Varroa Milbe wird die Sache wirklich gefährlich. Die Milben hängen sich meistens an den Bauch der Bienen (wie auf dem Titelfoto zu sehen). Sie tragen den Virus in sich und übertragen ihn an ihren Wirt.

Nicht nur die ausgewachsenen Bienen sind betroffen, die Varroa Milben haben es auch auf die Larven abgesehen. Denen saugen sie die Hämolymphe aus, die blutähnliche Körperflüssigkeit von Bienen. Dieser doppelte Angriff auf Erwachsene und Larven trifft die Bienenstöcke hart, häufig so sehr, dass diese aussterben. Dieses Phänomen heißt Colony Collapse Disorder (CCD) und ist vor allem im letzten Jahrzehnt vermehrt aufgetreten.

Die Menschen sind für die CCD mitverantwortlich, sagen nun die Wissenschaftler hinter der Studie. Virus und Milben haben sich durch Umsiedlungen der Bienen ausgebreitet, meint die Studienleiterin Lena Bayer-Wilfert von der Universität Essex.

An 32 Orten rund um die Welt haben sie und ihre Kollegen Proben des Deformed Wing Virus und Varroa Milben von Bienen entnommen und das Ganze mit schon bekannten Studien abgeglichen. Dabei haben sie entdeckt, dass sich der Virus von Europa aus nach Nordamerika, Australien und Neuseeland ausgebreitet hat. Außerdem gibt es eine Bewegung zwischen Europa und Asien in beide Richtungen. Allerdings gibt es diese nicht zwischen Asien und Australien, obwohl die beiden Regionen viel näher beieinander liegen. "Das zeigt, dass die Ausbreitung größtenteils vom Menschen verursacht wurde.", sagt Bayer-Wilfert. "Wenn es auf natürliche Art passieren würde, würden wir erwarten, einen Austausch zwischen nah beieinander liegenden Ländern zu sehen." Außerdem hält sich der Flugradius der Honigbienen in Grenzen. Längere Strecken als ein paar Kilometer legen sie kaum mal zurück.

Gesundheitschecks helfen gegen BienensterbenSeit Mitte des 20. Jahrhunderts ist es nicht mehr unüblich, Bienen umzusiedeln, um bei der Bestäubung von Farmen zu helfen. So hat es die europäische Honigbiene in die ganze Welt verschlagen. Seitdem ist die Bienenbevölkerung stark zurückgegangen. In den USA ist die Zahl der Honigbienenkolonien laut dem Department of Agriculture von sechs Millionen im Jahr 1947 auf 2,5 Millionen im Jahr 2012 geschrumpft. Eine Entwicklung, die dazu geführt hat, dass das Weiße Haus im Mai 2015 sogar eine "Nationale Strategie zur Förderung der Gesundheit von Honigbienen und anderen Bestäubern" vorgelegt hat.

Auch die Wissenschaftler, die an der Studie gearbeitet haben, suchen Lösungen, um das Problem einzudämmen. Sie fordern jetzt härtere Kontrollen, wenn Bienen importiert werden. Gesundheitschecks müssten verpflichtend werden. "Wir müssen jetzt strikte Begrenzungen bei der Umsiedlung von Bienen einhalten, unabhängig davon, ob man weiß, ob die Bienen Varroa tragen oder nicht", meint Bayer-Wilfert.

Der Deformed Wing Virus ist einer, allerdings wohl nicht der einzige Grund für das Bienensterben. Auch Pestizide sind wohl mit verantwortlich dafür, dass die Bienenbevölkerung kleiner wird, wie verschiedene Studien gezeigt haben. Diese können das Immunsystem der Bienen schwächen und sie dadurch besonders in den Wintermonaten die Stöcke anfällig für CCD machen. Wir haben darüber berichtet.

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