Bambus-Pult und Surfunterricht Bali hat die nachhaltigste Schule der Welt

Die Green School Bali ist die nachhaltigste Bildungseinrichtung der Welt - gebaut von einer Deutschen.

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Ganz unscheinbar, tief vergraben im indonesischen Dschungel, zwischen wankenden Palmen und krächzenden Papageien, verstecken sich meterhohe Pavillons. Ein Resort für gestresste Urlauber könnte man meinen, doch die kreisrunden Bambushütten sind die Gebäude einer Schule. Mehr als 400 Schüler aus 25 Nationen lernen hier in der Tropenidylle alles, was es fürs Leben braucht: Rechnen, Lesen, Schreiben - und Umweltkunde.

Green School Bali gehört zu den nachhaltigsten Bildungseinrichtungen der Welt. Ohne Wände, teils in Freiluft-Klassenzimmern und mit Tafeln aus recycelten Autoscheiben sollen hier die Umweltschützer von morgen heranreifen, die die Welt mit ihrem Wissen zu einer besseren machen sollen. Mathe und Englisch reichen dafür natürlich bei weitem nicht aus: Neben klassischen Fächern stehen auch Graffiti-Kunde, Surfen und Schlammschlachten auf dem Stundenplan.

Aus der Not zur TugendGegründet wurde die Green School von dem kanadisch-amerikanischen Ehepaar Hardy, das in den 1970er Jahren nach Bali zog, um dort ein Schmuckunternehmen zu gründen. Auf der Suche nach einer geeigneten Schule für ihre Kinder verzweifelten sie an dem unzureichenden Bildungsangebot der Insel.

Aus der Not heraus verkaufte das Ehepaar 2007 seine Firma und gründete mit den Erlösen ihre eigene Schule mit dem Anspruch, „die nachhaltigste Schule der Welt zu werden“ - mit Erfolg: Vor drei Jahren prämierte das US Green Building Council die Schule mit der langersehnten Auszeichnung. Sogar Ban Ki-Moon, Generalsekretär der Vereinten Nationen, betitelte die Schule trotz der vergleichsweise hohen Schulgebühren und wenig einheimischen Schülern als „beeindruckendste Schule", die er jemals besucht habe.

Die Natur im KlassenzimmerNeben dem eigenwilligen Stundenplan ist die offene Architektur der Gebäude Kernstück des Konzepts. Während des Unterrichtes kann es da schon mal vorkommen, dass eine Eidechse durchs Klassenzimmer kriecht, Vögel am Pausenbrot knabbern oder ein Wolkenbruch das Klassenzimmer unter Wasser setzt - aber genau darum geht es den Gründern. „Auf der ganzen Welt lernen Kinder etwas über Umweltschutz, allerdings in vollkommen umweltschädlichen Umgebungen“, sagt John Hardy. „Unsere Schüler hingegen lernen es und leben es.“

Entworfen wurde die Schule übrigens von einer Deutschen. Die Architektin Anna Heringer, die bereits 2004 ein nachhaltiges Schulgebäude in Bangladesch designte, ersetzte klassische Materialen wie Beton, Ziegelsteine und Stahl durch traditionelle Materialien wie Bambus, Lehm und Stroh. Die Lehmwände sorgen im tropischen Bali für ein perfektes Klima im Klassenraum: Kühl im Sommer und warm im Winter, ohne zusätzliche Energie. Denn eine Klimaanlage gibt es dem Umweltschutz zu Liebe natürlich nicht.

Von Grund auf grünAuch schwere Maschinen, Bagger oder Kräne, suchte man während der Bauphase vergebens. „Bis auf ein wenig Werkzeug, ein paar Wasserbüffel und Kühe haben wir alles mit unseren eigenen Händen errichtet“, resümiert Heringen stolz. Selbst die Schulkinder waren beim Bau dabei; schnitten Stroh, mischten Lehm oder banden dicke Seile, um die Bambushölzer zu fixieren.

Ganz selbstverständlich setzt die Schule auch im normalen Schulbetrieb auf Nachhaltigkeit. Sie versorgt sich selbst mit Biogas und Strom aus eigenen Solarzellen, das Mittagessen kommt vom eigenen Acker und ihre Schüler engagieren sich in Initiativen, die lokale Bauern unterstützen oder gefährdete Vögel wie den schneeweißen Balistar schützen, der bei wohlhabenden Asiaten aus hochbegehrter Käfigvogel gilt.

Deutschland glänzt mit UmweltschulenNicht ganz so nachhaltig, aber ebenfalls mit grünem Gewissen arbeiten auch einige deutsche Schulen. Seit mehr als zwanzig Jahren verleiht die Deutsche Gesellschaft für Umwelterziehung (DGU) Schulen mit ökologischen Konzepten den Titel „Umweltschule in Europa“. Was 1994 zaghaft mit acht ausgezeichneten Schulen begann, hat sich inzwischen auf 750 Schulen in acht Bundesländern erweitert.

Sie alle unterrichten nicht nur den Standard-Lehrplan, sondern auch Themen wie Energie, Wasser und Abfall, Stadtökologie, Gesunde Ernährung, Eine Welt oder Verkehr. In regelmäßigen Abständen treffen sich die beteiligten Schulen darüber hinaus, um den Austausch über Umweltprojekte und Konzepte zu pflegen. Damit kommen sie zwar noch lange nicht an die indonesische Green School heran, aber wer weiß: Vielleicht kommt die „grünste Schule der Welt“ irgendwann aus Deutschland.

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