Weltbank-Plan 2030 soll Schluss sein mit extremer Armut

Mehr als eine Milliarde Menschen lebt von weniger als einem Euro pro Tag. Die Weltbank sagt der extremen Armut den Kampf an.

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Allein der Titel verrät, welche ambitionierten Ziele sich die Weltbank gesteckt hat: „Prosperity for All“ (hier als PDF), Wohlstand für alle, heißt ein neuer Report, den die Führung der Entwicklungsbank für ihre Frühjahrskonferenzen ausgearbeitet hat.

Doch vom Wohlstand für alle ist die Welt noch weiter entfernt als vom eigentlichen Ziel: Bis 2030 soll nach Weltbank-Plänen erst einmal niemand mehr in extremer Armut leben müssen.

Als extrem arm gelten bei der Weltbank Menschen, die mit weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag (rund ein Euro, gemessen relativ zur Kaufkraft in einem Land) auskommen müssen. Das waren 2010 noch 17,7 Prozent der Weltbevölkerung, oder mehr als 1,2 Milliarden Menschen – bis 2030 soll dieser Anteil auf weniger als drei Prozent sinken.

„Das bedeutet, dass in den kommenden 16 Jahren eine Million Menschen pro Woche die Armut überwinden müssen“, sagte Weltbank-Präsident Jim Yong Kim zur Veröffentlichung des Reports.

Das klingt ersteinmal nach einem kaum zu erreichenden Ziel. Die gute Nachricht aber ist: Während der vergangenen Jahrzehnte halbierte sich der Anteil der Armen an der Weltbevölkerung - von mehr als 36 Prozent in 1990 auf besagte rund 18 Prozent in 2010. Um das 2030-Ziel zu schaffen, geht die Entwicklung aber bei weitem nicht schnell genug.

Wachstum alleine reicht nichtAußerdem betont die Weltbank, Wirtschaftswachstum allein reiche nicht, um Armut zu beseitigen. „Wenn die extreme Armut abnimmt, hilft Wachstum allein mit der Zeit immer weniger Leuten, die Armutsgrenze zu überwinden“, heißt es in dem Report. Außerdem mindere zunehmende Ungleichheit zwischen Arm und Reich den positiven Effekt des Wachstums auf die Armut.

Diese These vertritt auch der französische Ökonom Thomas Piketty, der mit seinem neuen Buch "Das Kapital im 21. Jahrhundert" gerade zu einem neuen Star seiner Zunft geworden ist. Er argumentiert, dass der gesellschaftliche Reichtum heute nicht anders verteilt sei als vor 100 oder 200 Jahren - eine kleine Gruppe besonders reicher Personen verfüge über einen großen Teil des Einkommens.

In vielen Entwicklungsländern ist diese Schere besonders extrem. Der größte Teil des Reichtums ist laut Piketty heute Vermögen und werde nicht durch Arbeit erworben, sondern vielmehr vererbt und immer weiter vergrößert. So entfernen sich die Superreichen immer weiter von den übrigen Gesellschaftsschichten. Die besonders Armen bleiben auf der Strecke.

Aus diesem Grund müsse Wachstum deshalb auf die ärmsten 40 Prozent eines Landes ausgerichtet sein, schreiben die Weltbank-Experten, und es müsse Menschen langfristig aus der Armut helfen – sie dürften nicht knapp über der Armutsgrenze stecken bleiben.

Geteilter Wohlstand als Rezept gegen ArmutBesonderen Fokus will die Weltbank auf jene Länder legen, in denen die meisten der Ärmsten leben – Indien (33 Prozent), China (13 Prozent), Nigeria (sieben Prozent), Bangladesch (sechs Prozent) und die Demokratische Republik Kongo (fünf Prozent) stellen zusammen fast zwei Drittel aller extrem armen Menschen.

Als Teil der Lösung sieht Jim Yong Kim im „geteilten Wohlstand“ – ein Konzept, das der Weltbankchef in disem Jahr weiter ausarbeiten will. Drei Elemente sind dabei von zentraler Bedeutung: Mehr Jobs für die Armen, stärkere soziale Sicherungssysteme und nachhaltiges Wachstum.

Das sind hehre Ideale, keine Frage. Die aber womöglich welche bleiben werden. Denn Piketty zufolge hat genau das schon in den westlichen Industriestaaten nicht funktioniert: Eine dauerhafte Verallgemeinerung des Wohlstands.

Die Erkenntnisse und Empfehlungen aus ihrem Report hat die Weltbank in dieser Infografik zusammengefasst (Anklicken zum Vergrößern):

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