Wärmere Welt Wie der Klimawandel Haie und Meeresschildkröten bedroht

Eine wärme Welt wird für viele Tierarten zum Problem. Unter anderem sind Haie und Schildkröten akut gefährdet.

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Von Dr. Bradnee Chambers. Der Autor leitet das Sekretariat des Übereinkommens zur Erhaltung der wandernden wild lebenden Tierarten (UNEP/CMS) der Vereinten Nationen in Bonn.

Kaum etwas ist frustrierender als Verzögerungen der eigenen Reisepläne aufgrund schlechten Wetters.  Dem jüngsten Bericht der Weltklimarats (IPCC) zufolge werden wir uns vielleicht in Zukunft alle daran gewöhnen müssen. Aber die Menschen sind nicht die einzigen Reisenden auf dem Globus - für Millionen wandernder Tiere weltweit wird die Angelegenheit nicht nur beschwerlicher, sondern es geht schlicht um ihr Überleben.

Im März 2014 verabschiedete der Weltklimarat den zweitel Teil des fünften IPCC-Sachstandsberichts zu Auswirkungen und Anpassungsstrategien an den Klimawandel. Daraus geht hervor, dass Reisen in Zukunft eher einer Tortur gleichen wird.

Bei einer weiteren durchschnittlichen Erderwärmung von nur einem Gard Celsius werden extreme Wetterereignisse aufgrund des Klimawandels wie Hitzewellen, Stürme und Überschwemmungen an den Küsten voraussichtlich an Häufigkeit zunehmen. Aktuelle Trends zeigen jedoch einen noch höheren Anstieg der Durchschnittstemperatur. Das wird für noch mehr Verspätungen, gestrandete Reisende und ein größeres Risiko für Reisen insgesamt sorgen.

Die Nachricht wird noch schlimmer, wenn das Reiseziel Strände oder Korallenriffe einschließt. Da immer mehr Eis in den Polarregionen schmilzt, steigt der Meeresspiegel an. Küstenregionen und tief liegende Gebiete könnten von Überflutung, Hochwasser, Erosion der Küsten und Strände betroffen sein.

Salzwasser könnte die Trinkwasserversorgung gefährden. Im Meer bleichen die in der Regel bunten Korallen als Stressreaktion auf die Veränderungen im Wasser aus. Kohlendioxid (CO2), ein Treibhausgas, löst sich in den Ozeanen der Welt, so dass sie saurer werden.

Meeresschildkröten durch wärmere Strände gefährdetWandernde Tiere sind mächtige Symbole unseres gemeinsamen Naturerbes. Ihre Wanderungen erstrecken sich oft über Kontinente und Ozeane. Mit wärmeren, feuchteren Wintern werden Zugvögel gezwungen, später ihre Brutstätten aufzusuchen und früher zurückzukommen, oder aber ihre Populationen und Verbreitungsgebiete gehen zurück. Als schlechtest möglicher Ausgang droht jedoch das Aussterben der Arten.

Der Monarchfalter zum Beispiel unternimmt eindrucksvolle Wanderungen über mehrere Generationen hinweg, bei der er weite Strecken durch den nordamerikanischen Kontinent zurücklegt. Der Klimawandel verändert derzeit die Beschaffenheit der Winterquartiere des Schmetterlings in Zentralamerika, so dass sie anfälliger für überfrierende Nässe werden, was wiederum zu katastrophalen Todesraten führt.

Schwere Dürren bedrohen zudem einige der größten Tierwanderungen der Welt mit Tausenden von Gnus und anderen Tieren, die durch die Serengeti-Ebenen Afrikas ziehen. Jüngste Forschungen haben gezeigt, dass die Dürre in der Sahelzone wandernde Landvögel auf ihrem Weg zu ihren Brutplätzen und darüber hinaus ernsthaft in ihrer Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigt.

Ebenso wird der größte Fisch des Planeten, der Walhai, in den Ozeanen der Welt durch den Klimawandel bedroht. Veränderungen in der globalen Ozeantemperatur und der chemischen Zusammensetzung des Wassers können künftig zum Rückgang dieser Fischart führen.

International koordinierte Maßnahmen notwendigBei Meeresschildkröten wird das Geschlecht durch die Temperatur des Sandes der Brutstrände bestimmt. Kühle Strände bringen mehr männliche Tiere, warme Strände dagegen vermehrt weibliche Tiere hervor. Steigende Sandtemperaturen bedeuten, dass mehr weibliche als männliche Tiere geboren werden und somit das optimale Geschlechterverhältnis aus dem Gleichgewicht gerät.

Das Übereinkommen zur Erhaltung wandernder wild lebender Tierarten (UNEP/CMS oder Bonner Konvention) hat bestätigt, dass der Klimawandel eine der wichtigsten Bedrohungen für wandernde Tierarten und die Ökosysteme sind, auf die sie angewiesen sind. International koordinierte Maßnahmen sind dringend notwendig, um gegen die komplexen Bedrohungen durch den Klimawandel vorzugehen.

Die Aussicht, noch mehr Zeit in Flughafen-Terminals zu verbringen, ist zweifellos frustrierend für die Reisenden, aber sie wird zur Bedeutungslosigkeit im Vergleich zu den zunehmend erschwerten Bedingungen für wandernde Tiere in ihrem Überlebenskampf. Der Klimawandel ist ein komplexes und erschreckend großes Problem.

Die Pläne, unsere Auswirkungen auf das Klima zu reduzieren, sind wichtig, und ebenso sind es die Pläne, den Schaden zu begrenzen, den wir bereits angerichtet haben. Nur durch Zusammenarbeit und konkrete Anstrengungen können wir künftig ein weitgehend unbeschwertes Reisen für uns und für reisende Tiere bewahren.

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Die Bonner Konvention hat Anfang April einen Workshop mit Experten zum Thema wandernde Tierarten und Klimawandel in Guácimo, Costa Rica, abgehalten. Ziel war es, ein globales Programm für Länder zu entwickeln, das die Auswirkungen des Klimawandels auf Zugvögel mindern soll. Dabei soll es Monitoring, Artenschutz und Anpassungsstrategien umsetzen. Die Ergebnisse des Workshops werden voraussichtlich auf der nächsten Vertragsstaatenkonferenz der Bonner Konvention in Quito, Ecuador, Anfang November verabschiedet.

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