Styropor Wie Mehlwürmer ein Müllproblem lösen könnten

Forscher beschreiten ungewöhnliche Wege zum Abbau von Styropor: Mehlwürmer fressen den Kunststoff in Rekordzeit – und verdauen ihn umweltfreundlich.

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Wer hätte das gedacht: Mehlwürmer könnten uns vor einem der drängendsten Probleme unserer Konsumgesellschaft bewahren. Forscher an der Stanford University in Kalifornien fanden jetzt heraus, dass die Larven Styropor abbauen können, das sonst Millionen Jahre zum Verwesen braucht.

„Unsere Studie ergab, dass Mehlwürmer Styropor essen und ihre Eingeweide das Material verdauen“, sagt Umweltingenieur Wei-Min Wu, Co-Autor der Studie. Wird aus dem globalen Problem Plastikabfall also ganz einfach Wurmfutter?

Zumindest leben die Würmer nicht schlechter durch eine umgestellte Ernährung. Die Studien mit zwei Vergleichspopulationen von Mehlwürmern, bei denen einer Futterkleie und der andere verschiedene Plastiksorten gefüttert wurden, ergaben keine keine Unterschiede im Zustand der Würmer.

High-Speed-Zersetzung durch VerdauungsenzymeGleichzeitig zersetzten die plastikfressenden Käferlarven die verschiedenen Kunststoffe, die als biologisch unabbaubar galten, in „weniger als 24 Stunden zu CO2“, so Wu. Für die Geschwindigkeit sind nach den Erkenntnissen der Forscher die Enzyme in den Verdauungssekreten der Mehlwürmer verantwortlich.

„Die Enzyme sind extrem interessant. Denn sie sind die Werkzeuge, die die ‚Wand‘ in kleine Stücke zerbrechen“, sagt Craig Criddle, Professor für Umweltingenieurwesen in Stanford. Ob es irgendwann möglich sein wird, diese Enzyme zu synthetisieren, darüber macht er jedoch keine Angabe.

Dass die Hälfte des Styropors zu Kohlendioxid wird, bedeutet übrigens keine weitere Belastung für die Umwelt: Auch bei der gewöhnlichen Verdauung würden die Mehlwürmer etwa die Hälfte des Essens in CO2 umwandeln. Der Rest, den die Mehlwürmer auf normalen Wege ausscheiden, sei hingegen sogar als Dünger tauglich, vermuten die Forscher.

Zuerst wollen die Wissenschaftler die Mehlwürmer nun weiter untersuchen und die einzelnen Prozesse verstehen. Dann wollen sie sich auf die Suche nach etwaigen anderen plastikfressenden Insektenarten machen, womöglich auch im maritimen Bereich. Weitere vielversprechende Entdeckungen kämen äußerst passend, nimmt die globale Verschmutzung der Ozeane durch Plastikmüll und die auf Müllkippen gesammelte Menge doch immer weiter zu.

Gegen Plastikmüll hilft vor allem VermeidungCriddle meint: „Es ist ein Problem, weil wir keinen Platz für Müllhalden mehr haben, besonders in dichtbesiedelten Gebieten.“ Und genau hier entsteht der Großteil des Kunststoffabfalls. „Außerdem wird der angehäufte Müll zum Problem, vor allem in den Ozeanen.“

Mit den Mehlwürmen könnte ein Problem angegangen werden, das in naher Zukunft ernsthafte Probleme machen wird und gleichzeitig immer weiter wächst. Nach wie vor mangelt es an Recycling-Methoden für viele (Misch)Plastiksorten.

Auch wenn es vielversprechende Ansätze gibt, die Müllbelastung wird noch größer werden. Deutschland alleine verbraucht pro Jahr elfeinhalb Millionen Tonnen Plastik. In den Ozeanen landen jährlich etwa sieben Millionen. Neben Versuchen, den vorhandenen Abfall abzubauen, gilt es also vor allem, neuen Müll zu vermeiden.

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