Unternehmen So steigert Nachhaltigkeit den Umsatz

Steigern Nachhaltigkeitsstrategien den Gewinn? In einem Punkt sind sich Forscher einig: Unternehmen brauchen einen langen Atem, um Erfolge zu sehen.

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Für Pavan Sukhdev ist die Sache klar. Der Umweltaktivist und ehemalige Banker hat die Großkonzerne als mächtigste Spieler auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Wirtschaft ausgemacht. Seine Überzeugung: Sofern sich die Unternehmen nicht ändern, ändert sich auch nicht die Welt, in der wir leben. Wenn er auftritt, spricht er zum Beispiel von mehr als zwei Billionen Dollar an Umweltschäden, die allein die 3000 größten Unternehmen der Welt 2010 verursacht haben.

Eine bessere Welt braucht Unternehmen, die Verantwortung übernehmen für ihre Macht über Menschen und Umwelt. Weil sich diese Erkenntnis allmählich durchsetzt und weil kaum noch ein großer Konzern auf das Thema Nachhaltigkeit verzichten möchte, sind in den vergangenen Jahren reihenweise CSR-Abteilungen (engl. "Corporate Social Responsibility") entstanden, die die Nachhaltigkeitsstrategie von Unternehmen entwickeln und verantworten. Von 2010 auf 2011 hat sich der Anteil der 500 größten US-Unternehmen, die über ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten berichten, mehr als verdoppelt.

Den meisten geht es dabei um „Kommunikation sozialer Verantwortung“, wie eine Umfrage der Werbe- und Marketingagentur BBDO in Deutschland ergab. Mehr als 80 Prozent der befragten Unternehmen gaben dieses Ziel an. Je rund zwei Drittel sagten, sie wollten sich besser in das gesellschaftliche Umfeld integrieren oder ihr Image verbessern. „Nachhaltiger ökonomischer Nutzen“ – das macht die CSR erst so richtig interessant – nannten hingegen nur 37 Prozent der Befragten als Grund.

Greenwashing oder ernstes Engagement?Das klingt nach Greenwashing: erst einmal eine nachhaltige Geschichte erzählen, schließlich machen das alle so. Von wirklicher Verantwortung also keine Spur?

Nicht unbedingt. Es darf nicht verwundern, wenn Konzerne sich fragen, worin eigentlich der wirtschaftliche Nutzen einer Nachhaltigkeitsstrategie liegt. Die PR-Firma Grayling fragte im vergangenen Jahr Kommunikationsexperten, welche Unternehmensbereiche von CSR-Kommunikation erfasst werden – Verkaufszahlen und Aktienkurs landeten auf den letzten Plätzen. Der Einfluss von Nachhaltigkeitsmanagement auf den Umsatz wirkt – wenn überhaupt messbar – nur indirekt.

Einer aktuellen Studie zufolge kann er sogar negativ sein, wenn CSR halbherzig verfolgt wird. Wer aber gleichermaßen soziale und ökologische Kriterien in seiner Lieferkette durchsetzt, verdiene am Ende sogar mehr Geld, schreiben die Betriebswissenschaftler Zhihong Wang und Joseph Sarkis von der Clark University in den USA in der Fachzeitschrift „International Journal of Productivity and Management“.

Für ihre Untersuchung betrachten die beiden die 411 grünsten US-Unternehmen, die seit 2009 im Green Ranking der Zeitschrift „Newsweek“ auftauchen. Zu den aktuellen Top Ten gehören vor allem Technik-Riesen wie IBM, Dell und Intel, aber auch Handelskonzerne wie der Bürobedarf-Spezialist Staples. Zusätzliche Daten entnehmen die Forscher aus Datenbanken von Bloomberg und COMPUSTAT und analysieren den Zusammenhang zwischen CSR-Engagement und finanziellem Erfolg.

Das Ergebnis: Nachhaltigkeits-Engagement zahlt sich tatsächlich aus – aber nur, wenn Unternehmen einen umfassenden Ansatz verfolgen. Legen sie einseitig Wert auf soziales Engagement oder Umweltstandards in der Lieferkette, kann die CSR-Strategie sogar für rote Zahlen sorgen. Zudem brauchen Konzerne einen längeren Atem: Messbar wird der positive Effekt des grünen Engagements zumeist erst nach einigen Jahren. Laut Analyse waren es im Schnitt mindestens zwei.

CSR-Investitionen als Signal für InvestorenSarkis und Clark sind damit die ersten, die den Zusammenhang zwischen Lieferkettenmanagement und finanziellem Erfolg messen und gleichzeitig zwischen Sozial- und Umweltstandards unterscheiden. Aussagekräftig wird ihre Studie, weil das Newsweek-Ranking einen guten Querschnitt der wichtigsten Branchen bildet und die jüngsten Nachhaltigkeitsideen der Konzerne enthält.

Einen kleineren Datensatz mit den weltweit am besten abschneidenden Unternehmen betrachteten die Betriebswissenschaftler Rashid Ameer und Radiah Othmann im „Journal of Business Ethics“ – und kamen zu ähnlichen Ergebnissen. Je mehr Unternehmen Wert auf ihre Nachhaltigkeitsstrategie legen, desto mehr Gewinn machen sie den Forschern zufolge auch.

Nicht nur das: Nachhaltigere Unternehmen konnten die besseren finanziellen Ergebnisse über mehrere betrachtete Zeiträume von jeweils einigen Jahren bewahren und sogar steigern. Dabei vermuten die Autoren einen gegenseitigen Effekt: Wer mehr Gewinn macht, kann mehr in Nachhaltigkeit investieren, und wer mehr investiert, verdient mehr Geld.

Forscher der US-Wirtschaftshochschule Kellog School of Management haben eine ganz andere Erklärung für diesen Zusammenhang: Besonders hohe CSR-Investitionen werteten Investoren als Signal, dass ein Unternehmen künftig viel Geld verdienen wird, schreiben sie. Denn nur Unternehmen, die künftig zusätzliches Geld übrig haben, könnten sich diese Ausgaben leisten. CSR-Ausgaben seien also ein Indikator für steigende Gewinne, nicht deren Ursache.

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