Selbstversorgung Studenten entwickeln Solarhaus, das auch Wasser und Nahrung produziert

Wer in diesem Bungalow wohnt, ist ziemlich unabhängig. Das NexusHaus liefert neben Grünstrom und Wasser auch Gemüse.

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In vielen Städten im Süden der USA wächst die Bevölkerung rapide, während bezahlbarer Wohnraum knapp wird. In der Not errichtet man dort immer häufiger Häuser auf bebauten Grundstücken - das Prinzip heißt Nachverdichtung.

Die zusätzlichen Wohneinheiten setzen allerdings die ohnehin prekäre Strom- und Wasserversorgung vieler amerikanischer Städte unter Druck.

Ein Plusenergiehaus, das Wasser und Nahrung produziertAlso hat ein Studenten-Team der Technischen Universität München und der University of Texas in Austin an einem Haus getüftelt, das seine Bewohner weitgehend unabhängig von öffentlicher Versorgung macht.

Das NexusHaus produziert nicht nur mehr Energie, als die Bewohner verbrauchen. Es versorgt sie auch mit Wasser, frischen Nahrungsmitteln wie Gemüse und Fisch und ist fast vollständig aus nachhaltigen Materialien gefertigt, wie schadstofffreiem und recycelbarem Holz.

Wichtig ist den Entwicklern: Das Haus soll nach den Prinzipen der Kreislaufwirtschaft funktionieren, in der möglichst keine Abfallprodukte mehr entstehen.

Der Bau im texanischen Austin hat gerade begonnen. Der eingeschossige Bungalow ist als Beitrag für den renommierten US-Wettbewerb Solar Decathlon 2015 gedacht.

Wintergarten, Terrasse und GrünstromDas NexusHaus besteht aus zwei Modulen, dem Schlaf- und dem Wohnbereich. Dazwischen befindet sich ein überdachter Raum, den die jungen Architekten und Ingenieure "Nexus" nennen. Er soll als Wintergarten den Heizbedarf senken. Im Sommer ist Nexus ein Teil des Belüftungssystems oder dient als Terrasse.

Auf dem Dach ist eine Solaranlage montiert, die eine Spitzenleistung von sieben Kilowatt hat. Der erzeugte Strom wird komplett im Haus genutzt.

Energie, die gerade nicht benötigt wird, speichert das System als warmes oder heißes Wasser. Die Bewohner können damit duschen oder kochen.

Die Klimaanlage ist eine Wärmepumpe, die im Winter das nur mäßig warme Wasser auf ein höheres Temperaturniveau hievt. Im Sommer kehrt sie den Prozess um und liefert kaltes Wasser zum Klimatisieren.

 Gemüse und Fisch aus dem GartenIn beiden Fälle wird Kondenswasser frei, das nicht, wie etwa bei Klimaanlagen in Autos, einfach in die Umwelt gerät. Ein unterirdischer Tank sammelt dieses Grauwasser, genau wie das Abwasser aus Dusche, Waschmaschine und Waschbecken. Damit sollen Nutzpflanzen bewässert werden.

Denn die Studenten haben auch Urban Farming, also die Nahrungsmittelproduktion in der Stadt, im Blick. Ein so genanntes Aquaponik-System, eine Kombination aus Fisch- und Pflanzenzucht, ist geplant.

Aquaponik setzt sich zusammen aus Aquakultur (Fischproduktion) und Hydroponik (Pflanzenproduktion in Wasser ohne Erde) - wir berichteten über ein Berliner Projekt. Wer im NexusHaus wohnt, darf sich also auf frischen, selbst gezüchteten Fisch und eigenes Gemüse freuen.

Das Aquaponik-System besteht aus einem Tank, in dem Speisefische schwimmen und einem Behälter, in dem Pflanzen sprießen. Die Studenten schlagen vor, Rauke, Spinat, Basilikum, Rosmarin, Koriander, Schnittlauch, Bohnen, Tomaten und Paprika anzubauen.

Das Wasser ist im ständigen Austausch zwischen beiden Behältern, sodass die Pflanzen die Exkrementen der Fische als Dünger nutzen, während die Pflanzen das Wasser filtern und so den Lebensraum der Fische erhalten.

Regenwasser wird zu TrinkwasserDas Abwasser aus Toiletten und der Küche fließt in die Kanalisation oder es landet im Schwarzwassertank, der regelmäßig geleert werden muss.

Frischwasser beziehen die Bewohner vor allem aus einem Regenwasser-Sammelbehälter. Eine hauseigene Aufbereitungsanlage veredelt es zu Trinkwasser.

Das senkt den Wasserbedarf aus dem öffentlichen Netz und macht die Bewohner unabhängiger von Preisschwankungen. Auch das Grundwasser wird geschont, was besonders in heißen Regionen, die unter Dürre leiden, immer wichtiger wird.

Das NexusHaus erinnert damit stark an den energieautarken Wohnwagen aus Österreich, den wir kürzlich vorgestellt haben. Der "Wohnwagon", so der Name dieses Hauses auf Rädern, kommt sogar ohne Kanalisation aus.

Wie viel Geld man für das NexusHaus wird hinlegen müssen, ist noch nicht bekannt. Allerdings ist es auch für schmale Geldbeutel konzipiert:

„Wir können die Zahl der Wohnmodule beliebig erweitern oder verringern – und so Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund ein komfortables Wohnumfeld bieten“, sagt Petra Liedl, die die Münchener von Seiten der UT Austin unterstützt.

Das Finale des Solar Decathlon Wettbewerbs findet im Oktober statt. Eine Jury bewertet unter anderem Architektur, Marktattraktivität und Technik der Häuser, die für den Wettbewerb nominiert sind.

Ein virtueller Gang durch das Nexus-Haus:

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