Quecksilber Bedenkliche Werte in Rhein, Elbe und Donau

Die Quecksilber-Altlasten von Kohlekraftwerken vergiften Speisefische. Nun will NRW die Betreiber zu Umbauten zwingen.

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Den deutschen Gewässern geht es schlecht. Vor allem die Belastung mit Quecksilber ist hoch. Auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stuft die Bundesregierung den Zustand für alle Gewässer als "nicht gut" ein.

Die Umweltqualitätsnorm (UQN) für Quecksilber von 20 Mikrogramm je Kilogramm Feuchtgewicht in Fisch wird danach weitläufig überschritten. Das schadet mittelfristig auch den Menschen, die Flussfische essen. Zumal Mikroorganismen das Quecksilber in eine giftige Form umwandeln, das sogenannte Methylquecksilber.

Dieses wird im Körper kaum noch abgebaut. Darum reichert es sich über die Nahrungskette in größeren und älteren Fischen besonders stark an. Und das fast überall: In Rhein, Elbe und Donau gebe es "dauerhaft und flächendeckend" Überschreitungen.

Verantwortlich dafür sind vor allem Einleitungen aus Zeiten, in den Umweltschutz keine Rolle spielte. Seit 30 Jahren befindet sich das Quecksilber im Sediment. Und wird dort bis in alle Ewigkeit bleiben, da es sich nicht abbaut.

NRW will Emissionen angehenNordrhein-Westfalen will dennoch aktiv werden. Zuletzt waren über 500 Mikrogramm Quecksilber pro Kilogramm Aal aus den Gewässern Wupper, Lippe, Weser und der Urfttalsperre gemessen worden. Maximale Gehalte von mehr als 800 Mikrogramm pro Kilogramm Frischgewicht wurden im Rhein und in der Sieg gemessen. Dies haben Untersuchungen des Landesumweltamtes NRW (LANUV) ergeben.

Besonders belastet sind die fettreicheren Fische wie Aal, Barbe, Barsch, Karpfen, Döbel oder auch Brassen. Die untersuchten Karpfen wiesen beispielsweise im Mittel Quecksilbergehalte auf, die über dem Neunfachen der UQN liegen. "Es gibt in NRW noch Potenzial, den Ausstoß des gefährlichen Quecksilbers und damit die Belastung für Mensch und Umwelt zu reduzieren. Dieses Ziel ist auch Handlungsbasis für unsere geplante Quecksilberminderungsstrategie", kündigt Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) an.

Industrieanlagen in Nordrhein-Westfalen verursachen mit etwa drei Tonnen Quecksilberemission pro Jahr fast ein Drittel der Quecksilberemissionen in Deutschland. Hauptemittenten in NRW sind die Kohlekraftwerke mit 2,2 Tonnen -  davon gehen 1,5 Tonnen auf das Konto der Braunkohlekraftwerke, Steinkohlekraftwerke verursachen 0,7 Tonnen. Damit sich das ändert, will der Umweltminister mit allen wichtigen Akteuren die technischen Möglichkeiten diskutieren und gemeinsame Strategien besprechen.

Kohlekraftwerke stoßen das meiste Quecksilber ausEin von Remmel in Auftrag gegebenen Gutachten ergab immerhin, dass die Kohlekraftwerke ihre Emissionen durchaus noch senken können. Die entsprechende Technik sei bereits auf dem Markt. Nach Aussage des Gutachters müssten dafür weniger als ein Prozent der Stromgestehungskosten investiert werden - für die ohnehin in Schieflage befindlichen Versorger dennoch teuer.

Allerdings dürften die Quecksilber-Emissionen nach einem entsprechendem Umbau rund 80 Prozent sinken - um etwa 1,8 Tonnen im Jahr. Das sind immerhin mehr als der Hälfte der Quecksilberemissionen in Nordrhein-Westfalen oder rund 20 Prozent in Deutschland.

Auch wenn die Konzentration von Quecksilber in der Atemluft und in Gewässern nach Ansicht von Wissenschaftlern weit unterhalb der Werte liegen, die zu einer akuten Gesundheitsgefährdung führen, wurden 2012 laut dem PRTR-Bericht (Pollutant Release and Transfer Register) immer noch etwa acht Tonnen Quecksilber in Deutschland (davon 93 Prozent in die Luft und sieben Prozent ins Wasser) freigesetzt.

Allerdings sind  Amalgamfüllungen die größte Quelle von Quecksilber-Belastung für den Menschen – erst danach folgt der Verzehr von Fisch. "Gleichwohl ist es wichtig, dass die weiteren Einträge von Quecksilber in die Umwelt weitgehend verhindert werden, damit es nicht zu einer weiteren Anreicherung in der Nahrungskette und zu einer Belastung des Menschen kommt. Darum ist die langfristig beste Strategie, die Kohle im Boden zu lassen, daran arbeiten wir mit der Energiewende", so Felix Poetschke, Sprecher des Bundesumweltamtes.

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