Biosprit-Herstellung Neues Verfahren soll Ertrag versechsfachen

Die Ausbeute bei der Biosprit-Herstellung ist mickrig. Forscher wollen den Ertrag nun mit Wasserstoff steigern.

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Benzin mit einem Anteil an Pflanzentreibstoff wie der als E10 bekannte Sprit oder Biodiesel sind in den vergangenen Jahren in Verruf geraten. Denn die Hersteller gewinnen die grünen Kraftstoffe aus Nahrungspflanzen wie Mais oder Soja - Umweltschützer monieren deshalb, dass der Biosprit den Menschen das Essen vom Teller raube.

Aber diese Art der Biokraftstoffe wollen Wissenschaftler des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) in Stuttgart bald schon abschaffen. Mit einem neuen Verfahren ließe sich aus der gleichen Menge Biomasse mindestens sechsmal mehr Treibstoff erzeugen als bisher, glauben sie. Nahrungsmittelpflanzen müssten dafür auch nicht mehr zum Einsatz kommen.

„Die Ressource Biomasse ist im Vergleich zu Sonne und Wind knapp“, sagt Michael Specht, Leiter des ZSW-Fachgebiets Regenerative Energieträger und Verfahren. Daher solle sie ökologisch sinnvoll und effizienter als bislang verwendet werden: Für die Herstellung von nachhaltigen, klimafreundlichen Kraftstoffen der neuesten Generation, wie er sagt.

Im Grunde bestehen Diesel, Benzin und Kerosin aus Kohlenstoff und Wasserstoff. Dass die Ausbeute der Umwandlung von Biomasse zu Biosprit so mickrig ist, liegt daran, dass Biomasse sehr viel Kohlenstoff und sehr wenig Wasserstoff enthält.

Pflanzensprit wird mit Ökostrom gedoptWenn Wasserstoff aus anderen Quellen zum Biosprit zugesetzt würde, so die Idee der ZSW-Forscher, könnte der Ertrag massiv steigen. Wasserstoff wollen die Stuttgarter Forscher aus überschüssigem Wind- und Solarstrom per Elektrolyse gewinnen. Der Strom kostet in der Praxis nichts, weil er meist verschenkt werden muss.

Neben Power-to-Gas, also der Umwandlung von Kohlendioxid und Wasserstoff zu synthetischem Erdgas - ebenfalls eine Domäne des ZSW - wäre das die zweite Nutzungsmöglichkeit für Überschusstrom, der anfällt, wenn es zuviel Wind gibt oder Mittags Abnehmer für den Solarstrom fehlen.

Nach ZSW-Vorstellungen soll Biomasse künftig in Kohlenmonoxid umgewandelt werden. Vermischt mit Wasserstoff  entsteht dann Synthesegas, aus dem sich flüssiger Sprit für Diesel- und Ottomotoren und sogar für Flugzeuge herstellen lässt.

Ein weiterer Vorteil: Das Verfahren funktioniert mit Biomasse aller Art. Bioethanol und -diesel werden derzeit noch aus Weizen, Rapsöl und anderen Naturprodukten hergestellt, die auch als Futter- und Nahrungsmittel genutzt werden könnten. Bald könnte auch Stroh oder andere Pflanzenreste zum Einsatz kommen. Die Tank-Teller-Diskussion wäre dann vorbei.

Wie teuer das Verfahren wäre, lässt sich noch nicht abschätzen. Erste Tests sollen demnächst beginnen. Die Kosten hängen vor allem davon ab, wie hoch man den Preis der Biomasse und des Überschussstroms ansetzt. Liegt er bei Null oder wenig darüber, wird es ein lohnendes Geschäft. Die Annahme ist durchaus realistisch, weil Überschussstrom aus Wind- und Solaranlagen bisher nur mit Verlust abgesetzt werden kann.

Am Wirkungsgrad des Prozesses ist aber noch einiges zu verbessern. Derzeit liegt er bei allenfalls 40 Prozent.

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