Nashorn und Elfenbein So brutal arbeiten die Wilderer

Teurer als Gold und Kokain: Der illegale Handel mit Nashorn und Elfenbein boomt. Die betroffenen Staaten sind nahezu hilflos.

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Bald könnte es vielleicht mehr lohnen, Wilderer statt Elefanten und Nashörner zu jagen. Denn die amerikanische Regierung hat ein Kopfgeld in Höhe von einer Millionen Dollar auf Händler der illegalen Tierprodukte ausgesetzt - natürlich nicht auf deren Mord, sondern Ergreifung. Das Kopfgeld gilt in erster Linie Mitgliedern des sogenannten Xaysavang Netzwerkes, dass von Laos aus operiert.

"Elfenbein und Nashorn stehen heutzutage auf einer Stufe mit Blutdiamanten, über deren Erlöse sich auch Terrorzellen und Rebellengruppen finanzieren können", schreibt die Naturschutzorganisation WWF. Das Vorgehen der Wilderer wird zunehmend brutaler. Die kriminellen Strukturen sind mafiös und die Tiere sind ihren Peinigern beinahe schutzlos ausgeliefert.

Der illegale Handel mit Nashorn, Elfenbein und anderen Produkten geschützter Tierarten rangiert auf Platz vier der lukrativsten Verbrechen der Welt, gleich hinter Waffen-, Drogen-, und Menschenhandel. Er boomt seit sechs Jahren. Ein Auslöser für die erhöhte Nachfrage beispielsweise in Vietnam soll ein hoher vietnamesischer Regierungsbeamter gewesen sein, der behauptete, seine Krebserkrankung mit dem Pulver aus Horn geheilt zu haben.

"Genauso gut könnte man Fingernägel kauen", sagt Sylvia Ratzlaff vom WWF. Denn Horn besteht aus Keratin, Hauptbestandteil von Haaren und Fingernägeln. Sogar Diplomaten wurden laut der Naturschutzorganisation schon mit Horn im Gepäck an der Grenze erwischt.

Auf den globalen Schwarzmärkten kostet Nashorn mehr als Gold oder Kokain. Ob als Schmuck getragen oder als Arznei verwendet, der Preis für das illegal gehandelte Horn ist enorm: 20.000 bis 60.000 US-Dollar pro Kilogramm.

Nashorn und Elfenbein erzielen derart hohe Preise, dass sie mittlerweile als die neuen Blutdiamanten gelten. Nach Schätzungen von Naturschutzgruppen wie dem WWF und den afrikanischen Behörden setzen die Händler jedes Jahr zwischen 8 und 19 Milliarden Dollar um.

Rebellengruppen finanzieren Waffen mit WildereiDie mit Abstand meisten Abnehmer findet das graue Gold Afrikas auf den Märkten Chinas, Vietnams und zunehmend im Jemen. In einigen Kulturen gilt das Horn eines Rhinozeros als Statussymbol. Andernorts wird es pulverisiert  als Wundermittel gegen Krankheiten gepriesen.

Die Jagdmethoden sind brutal: Angefangen bei Betäubungspfeilen über Bolzen aus einer Armbrust bis hin zu Großkaliber- und Sturmgewehren. Einmal zur Strecke gebracht entfernen Wilderer mit Macheten oder sogar Kettensägen den zum Teil noch lebenden Tieren Stoßzähne und Hörner. Die Wildhüter kommen oft zu spät. Zwischen den Kadavern der Tiere deuten nur noch Patronenhülsen und Zigarettenkippen auf das blutige Werk der Wilderer hin.

Im Hwange Nationalpark in Simbabwe vergifteten sie kürzlich mehr als 300 Elefanten mit Zyanid, berichtet der Telegraph. Es ist das größte Massaker an Elefanten seit 25 Jahren. Damit erreicht die Profitgier der Wilderer ein neues Ausmaß. Die Zustände in den Nationalparks sind zum Teil bürgerkriegsähnlich. Mit Hubschraubern und gepanzerten Fahrzeugen versuchen die Wildhüter das Geschäft zu unterbinden.

Die Wilderer sind bis an die Zähne bewaffnet und haben häufig einen militärischen Hintergrund. Zum Teil sind es Rebellengruppen und Milizen, die auch mit Menschen- und Drogenhandel Geld verdienen. Ihnen stellen sich junge, oft schlecht ausgerüstete Wildhüter entgegen, die für den Schutz der seltenen Tiere bereit sind ihr Leben zu geben. 80 Ranger starben im letzten Jahr beim Schutz der Dickhäuter.

Diese Bildergalerie zeigt das schreckliche Ausmaß des Verbrechens:

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Ein Beispiel ist die Sudanesische Volksbefreiungsarmee, die mit Granaten und Panzerfäusten Jagd auf Elefanten machte. Auch die unter Führung von Joseph Kony stehende "Widerstandsarmee des Herrn" aus Uganda, steht im Verdacht mit Elfenbein zu handeln, um so ihre Waffen zu finanzieren. Berittene Dschandschawid, die für den Mord an tausenden Zivilisten im sudanesischen Darfur verantwortlich gemacht werden, erschossen im letzten Jahr in wenigen Wochen 350 der 1500 Elefanten im Kameruner Nationalpark Bouba Ndjida. In Kenia soll die islamistische Al Shabaab-Miliz in das Geschäft verwickelt sein.

Der Bestand von Nashörnern hat sich in den letzten 120 Jahren zwar erholt, nachdem die Großsäuger zum Ende des 19. Jahrhunderts beinahe ausgestorben waren. Aktuell gibt es rund 25.000 Tiere der beiden afrikanischen Unterarten. Allein im letzten Jahr kamen jedoch 668 Nashörnern durch Wilderer ums Leben. Bis zur Mitte dieses Jahres sind bereits weitere 461 Tiere brutal getötet worden. Mehr als 30.000 Elefanten mussten vergangenes Jahr ihr Leben lassen.

 

Verhaltene Maßnahmen

Die Regierungen der betroffenen Länder reagieren mit unterschiedlichen Maßnahmen. Die Obama-Administration vernichtete am vergangenen Wochenende symbolisch die amerikanischen Lagerbestände an Elfenbein. Auch in vielen afrikanischen Ländern werden immer wieder illegale Tierprodukte verbrannt, um sie dem Markt zu entziehen.

Der Erfolg ist allerdings kaum messbar. Pro Tag werden weiterhin zwei bis drei Elefanten und Nashörner getötet. Die Verluste könnten bald nicht mehr durch die Geburtenrate kompensiert werden.

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