Nachgefragt Was bedeutet Nachhaltigkeit für SAP, Herr Schmid?

Was bewegt die deutschen Nachhaltigkeitsmanager? Heute in unserer Reihe: Daniel Schmid von SAP.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

In regelmäßigen Abständen befragt WiWo Green die wichtigsten Nachhaltigkeitsmanager der deutschen Wirtschaft zu ihren Zielen. Den sechsten Fragebogen hat Daniel Schmid ausgefüllt, Leiter Nachhaltigkeit beim Softwareunternehmen SAP. Der Diplom-Wirtschaftsingenieur gehört dem Lenkungskreis von econsense an, dem Forum für nachhaltige Entwicklung der deutschen Wirtschaft.

Bitte formulieren Sie in einem Tweet von 140 Zeichen, was Nachhaltigkeit für Ihr Unternehmen bedeutet.

Unsere Vision zu verwirklichen: „Help the world run better and improve people’s lives“.

Wie viele Mitarbeiter kümmern sich um das Thema - oder sind Sie Einzelkämpfer?

Nachhaltigkeit hat bei SAP einen hohen Stellenwert, und ich habe das Glück, Teil einer großen Matrix-Organisation zu sein. An ihrer Spitze steht unser Chief Sustainability Officer (CSO), Dr. Peter Graf, der unseren beiden Vorstandssprechern Bericht erstattet. Ich selbst bin Head of Sustainability Operations, einer Linienorganisation, die sowohl dem kaufmännischen Leiter, Peter Rasper, als auch dem CSO Bericht erstattet. Der Nachhaltigkeitsorganisation gehören auch Kollegen aus der Softwareentwicklung, dem Vertrieb, Marketing oder internen Bereichen wie Einkauf, Gebäudemanagement und IT an. Zudem engagieren sich viele Mitarbeiter aus allen Unternehmensbereichen selbst – allen voran unsere weltweit circa 110 „Sustainability Champions“. Sie und ihre Mitstreiter wirken lokal und in ihren Abteilungen, indem sie Nachhaltigkeits-Workshops auf die Beine stellen, Vortragsreihen organisieren und Freiwilligenaktivitäten unterstützen. Dafür wenden Sie zehn Prozent ihrer Arbeitszeit auf.

Nennen Sie kurz die drei wichtigsten Nachhaltigkeitsziele Ihres Unternehmens

Wir arbeiten mit Hochdruck an einem Ziel – und zwar, dass wir keine „Nachhaltigkeitsziele“ mehr haben. Unser größtes Anliegen ist es nämlich, Nachhaltigkeit in die Unternehmensstrategie zu integrieren, und damit keine Nachhaltigkeitsstrategie, sondern eine nachhaltige Unternehmensstrategie mit nachhaltigen Unternehmenszielen zu haben. Diese Zielsetzung betrifft alles, was wir tun: Erstens unsere Softwarelösungen, mit denen wir Kunden helfen, nachhaltiger zu wirtschaften; hier soll Nachhaltigkeit selbstverständlicher Bestandteil unseres gesamten Portfolios sein. Zweitens unsere eigenen Prozesse – hier wollen wir stets soziale, ökologische und ökonomische Aspekte ganzheitlich betrachten; dazu haben wir uns beispielsweise ein Ziel zur CO2-Reduktion oder zur Erhöhung der Mitarbeitermotivation gesetzt. Und letztlich unser gesellschaftliches Engagement, wo wir mit unserer Technologie und unseren Mitarbeitern zu einem nachhaltigen Wandel beitragen wollen.

Auf einer Schulnoten-Skala von 1 bis 6 - wie gut setzen Sie diese Ziele schon um?

Unser integrierter Bericht zeigt, dass wir dem Ziel, Nachhaltigkeit in die Unternehmensstrategie zu verankern, bereits ein ganzes Stück näher gekommen sind. Trotzdem gibt es auch hier noch Potential – hierfür würde ich uns selbst eine 2 geben. Die Erkenntnis, dass unser gesamtes Lösungsportfolio Chancen für nachhaltiges Wirtschaften bereithält, ist noch nicht in allen Köpfen verankert, hier haben wir Nachholbedarf. Beim Thema Treibhausgasemissionen haben wir in den letzten Jahren sehr gute Fortschritte gemacht. Pro Mitarbeiter konnten wir 2012 im Vergleich zum Vorjahr zwölf Prozent vermeiden. Auch die Mitarbeitermotivation hat sich in den letzten Jahren erheblich gesteigert. Der Zufriedenheitsindex lag 2012 bei 79%.

Auf welches Projekt in dem Feld sind Sie stolz?

„TwoGo by SAP“ ist ein tolles Beispiel für Innovation, die aus dem Nachhaltigkeitsgedanken getrieben ist. Hier hatten ursprünglich zwei Mitarbeiter die Idee zu einer Software, die das Bilden von Fahrgemeinschaften ganz einfach macht. Inzwischen sind über 8500 SAP-Mitarbeiter international auf dieser Mitfahrplattform registriert und eine marktreife Softwarelösung ist entstanden, die wir nun auch unseren Kunden anbieten. Stolz macht mich, dass die Idee für TwoGo von den Kollegen und nicht etwa vom Management kam, und daraus dann konsequent eine erfolgreiche Lösung entwickelt und ausgerollt wurde. Seit Juli 2011 brachte TwoGo SAP intern eine Wertschöpfung von rund 3,9 Millionen Euro.

Wie stellen Sie überhaupt fest, wie nachhaltig Ihr Unternehmen ist?

Die Vision der SAP ist es, die Abläufe in der weltweiten Wirtschaft zu verbessern und die Lebensqualität der Menschen zu erhöhen. Wenn wir es schaffen, uns dieser Vision zu nähern, dann werden wir ein nachhaltigeres Unternehmen.

Derzeit zeigen verschiedenste Auszeichnungen und Ratings, dass wir auf dem richtigen Weg sind. So sind wir seit sieben Jahren in Folge auf dem ersten Platz im Software-Sektor des Dow Jones Sustainability Index; wir sind seit Jahren unter den Global 100 Most Sustainable Corporations in the World und wir haben beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2011 gewonnen und sind für 2013 wieder nominiert. SAP wurde außerdem gerade in die CDP’s Global 500 Climate Disclosure and Performance Leadership Indexes aufgenommen

“Go green to get gold” - wie viel Geld spart Ihr Unternehmen, indem es nachhaltiger arbeitet?

Eine Gesamtsumme ist schwer zu ermitteln, aber wir versuchen, uns einer Antwort zu nähern. In einigen Bereichen ist es uns schon gelungen. Seit 2008 etwa haben wir durch die Reduktion von Treibhausgasemissionen mehr als 235 Millionen Euro Kosten vermieden. Ein anderes Beispiel ist die Bindung von Mitarbeitern ans Unternehmen: Eine Veränderung von einem Prozentpunkt in der Quote der Mitarbeiterbindung hat einen Einfluss von circa 62 Millionen Euro auf unser Betriebsergebnis.

Ebenso wichtig ist für uns aber der Multiplikatoreffekt durch unsere IT-Lösungen: Wie können wir unsere Kunden dabei unterstützen, nachhaltiger zu arbeiten und dabei nachweislich Kosten zu sparen? Hier haben wir viel erreicht. Nur ein Beispiel: Das amerikanische Öl- und Gasunternehmen Valero Energy Corporation sparte mit SAP-Lösungen bereits im ersten Jahr 120 Millionen US-Dollar an Energiekosten ein.

Wo sehen Sie ein Geschäftsmodell für Nachhaltigkeit, das über kurzfristige Kostenersparnisse hinausgeht?

Unser größter Hebel als Anbieter von Unternehmenssoftware besteht darin, dass wir unseren weltweit fast 240.000 Kunden dabei helfen, nachhaltiger zu werden. Wir spüren einen immensen Bedarf, Nachhaltigkeitskriterien und -prozesse in unser Lösungsportfolio einzubauen, und unser Erfolg damit und der unserer Kunden geben uns Recht.

Was tun sie, um Lieferketten nachhaltig zu gestalten?

Als IT Unternehmen haben wir intern keinen klassischen Fertigungsprozess. Wir kaufen vor allem Beratungs-, Marketing-, Entwicklungs- und Reisedienstleistungen ein, aber auch Laptops oder Server. Bei allen Zulieferern bestehen wir darauf, dass sie die gleichen hohen ethischen Standards anlegen wie wir selbst. Bei der Auswahl von Produkten versuchen wir, den gesamten Lebenszyklus ganzheitlich zu betrachten, z.B. kann es auch wirtschaftlich sinnvoller sein, einen etwas teureren, aber umweltfreundlicheren Laptop zu kaufen, wenn dieser im Einsatz weniger Strom verbraucht. Den größeren Hebel haben wir, wie bereits dargestellt, bei den IT-Lösungen, die wir gemeinsam mit unseren Kunden weltweit entwickeln. Sie helfen dabei soziale, ökonomische und Umweltaspekte in die Strategie und die Unternehmensprozesse zu integrieren. Zum Beispiel unterstützen wir schon seit vielen Jahren die Chemieindustrie dabei, die Chemikaliensicherheit von der Entwicklung bis hin zum Transport zu gewährleisten. Dies schützt Mitarbeiter, Verbraucher und die Umwelt und nicht zuletzt den Unternehmenswert.

Was ist das größte Hindernis für die Umsetzung von Nachhaltigkeit?

Das Bewusstsein für Nachhaltigkeit muss in den Köpfen aller Mitarbeiter verankert werden. Sie sollten verstehen, dass jeder noch so kleine persönliche Beitrag eine positive Veränderung herbeiführen kann. Ich wünsche mir, dass möglichst viele neben dem Ernst auch den Spaß an der Sache erkennen. Nachhaltigkeit ist kein Spielverderber und heißt nicht Verzicht. Nachhaltigkeit bedeutet vielmehr Innovation, neue Sichtweisen, mit Freude anders an Dinge heranzugehen. Ich persönlich meine, dass kein Weg daran vorbei führt. Unternehmen müssen nachhaltig sein, um dauerhaft am Markt erfolgreich zu sein.

Koppelt Ihr Unternehmen das Gehalt der Führungskräfte an das Erreichen grüner Ziele?

Es gibt einige Führungskräfte, deren Gehalt auch vom Erreichen unseres CO2-Ziels abhängt, aber das ist nicht die Mehrheit. Dafür spielen zwei andere Ziele eine ganz entscheidende Rolle für alle Führungskräfte und Mitarbeiter: Mitarbeitermotivation und Kundenzufriedenheit.

Was tun Sie persönlich, um nachhaltiger zu leben?

Ich versuche, den Nachhaltigkeitsgedanken wirklich zu leben. Das bedeutet nicht nur, auf Reisen den Zug zu bevorzugen. Für mich zählt dazu auch, meinen Beruf und meine Familie mit drei Kindern in Einklang zu bringen.

Bisher haben in der WiWo-Green-Serie zum Thema Nachhaltigkeit geantwortet: 

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%