Nach Stromausfällen Erste Großbatterie soll das Netz wiederherstellen

Nach Stromausfällen müssen Kraftwerke erst mühsam wieder anlaufen - eine Großbatterie soll ihnen künftig dabei helfen.

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Wenn etwa bei Bauarbeiten ein Bagger durch den falschen Kabelstrang fährt, kommt es zum Stromausfall. Bei schweren Störungen im Hochspannungsnetz steht aber nicht nur der Wohnblock im Dunkeln, auch die angeschlossenen Kraftwerke fahren herunter - schließlich kann niemand ihren Strom abnehmen.

Notstromaggregate sorgen natürlich weiter für die notwendige Sicherheit, vor allem in Kernkraftwerken. Im schlimmsten Fall bricht aber die Versorgung kaskadenartig zusammen, bis ein riesiges Gebiet ohne Strom dasteht - und ohne laufende Kraftwerke. Die wieder in Gang zu setzen, ist dabei gar nicht so einfach, denn auch dazu braucht es Strom. In Kohlekraftwerken etwa müssen Kohlemühlen und Gebläse, die den Kohlestaub in den Kessel blasen, funktionieren, ehe man ans Wiederanfahren denken kann.

Ohne Netz kein Anfahren, ohne Anfahren kein Strom im Netz: Ein Teufelskreis, den bald Großbatterien durchbrechen könnten.

Zwar gibt es bereits sogenannte schwarzstartfähige Kraftwerke, wie es fachmännisch heißt. Das sind Anlagen, die so wenig Strom fürs Anfahren brauchen, dass ein Notstromaggregat reicht. Gaskraftwerke sind dafür prädestiniert, ebenso Wind- und Solaranlagen. Am zuverlässigsten sind in einem solchen Fall Laufwasser- und Pumpspeicherkraftwerke, die praktisch gar keine Fremdenergie brauchen, um die Stromproduktion aufzunehmen.

Stabilisierende Großbatterie bekommt UpdateDer Schweriner Stromversorgers Wemag hat sich vor eineinhalb Jahren vom Berliner Speicherspezialisten Younicos eine Großbatterie installieren lassen, um das Stromnetz zu stabilisieren, also Schwankungen durch Wind- und Solarstromeinspeisungen auszugleichen. Jetzt statten die Berliner sie mit einer neuen Software aus, die die Fünf-Megawatt-Batterie in die Schar der schwarzstartfähigen Kraftwerke einreiht.

Clemens Triebel, Gründer des Unternehmens: "Smarte Software garantiert, dass der Batteriespeicher mehrere wichtige Systemdienstleistungen wie Regelleistung, Schwarzstart- oder Inselfähigkeit verlässlich bereitstellen kann." Dass die Operation gelingt und der Speicher tatsächlich schwarzstartfähig ist lässt sich natürlich nicht dadurch beweisen, dass man mutwillig Kraftwerke abschaltet und einen großflächigen Netzausfall provoziert.

Als Ersatz für die Realität dient eine Simulationsplattform der Universität Rostock, auf der sich verschiedene Störsituationen unter realistischen Bedingungen nachstellen lassen, ebenso deren Behebung.

Großbatterie soll Schäden in Millionenhöhe verhindernDie Wiederinbetriebnahme großflächiger Netze dauert oft mehrere Tage, weil es nur schrittweise gelingt. Es fängt mit einigen wenigen Stromerzeugern an, die ein begrenztes Netz bedienen, an dem das nächste Kraftwerk hängt, sodass dieses ebenfalls Strom hat, um hochgefahren zu werden. Die oben beschriebene Kaskade läuft sozusagen rückwärts ab. Dann steht zusätzlicher Strom zur Wiederbelebung weiterer Kraftwerke zur Verfügung. So baut sich nach und nach das komplette Netz wieder auf.

Je schneller es geht desto geringer die Kosten und Gefahren für Menschen. Notstromaggregate in Kliniken, die beispielsweise Intensivstationen versorgen, schaffen das nicht unbegrenzt. Die Industrie muss Produktionsausfälle verkraften und der Verkehr bricht weitgehend zusammen.

Die Großbatterie - die erste für diesen Zweck in Deutschland - könnte künftig also dafür sorgen, dass der Strom schneller großflächiger wieder fließt. Das findet auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie spannend und fördert das Projekt derzeit mit 800.000 Euro. Sollte die Batterie wie geplant funktionieren, könnte sie aber bei der Wiedereinrichtung ausgefallener Netze Schäden in Millionenhöhe abwenden.

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