"Kündigt! Das Leben hat mehr zu bieten als den Job"

Drei ehemalige Unternehmensberater und Ex-Banker haben ein Buch geschrieben. Ihr Rat: Wir sollten aussteigen und zwar sofort! Eine Rezension

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Nicht schon wieder ein Ratgeberbuch, das frustrierten Lesern vorgibt, wie sie sich und ihr Leben ändern können! Oder vielleicht doch? Für das Buch „Escape-Manifest“ von Rob Symigton, Dom Jackman und Mikey Howe muss man diese Frage eindeutig mit Ja beantworten. Ihr Ratgeber gehört nicht in die Reihe verquasselter Motivationsberater-Chaka-Chaka-Bücher.

Denn es verspricht nicht, dass aus Hühnern Adler und aus Eseln Stiere werden, sondern es bleibt ganz beim Leser und seinen Möglichkeiten: Das Buch ist amüsant geschrieben, gespickt mit geistreichen Zitaten und ist gefüllt mit Tipps für alle, die die Welt und das eigene Leben immer schon einmal ein klitzeklein bisschen verbessern wollten.

Lasst uns die Dinge ändernDie Einsicht der Londoner und New Yorker Autoren ist dabei ebenso banal wie eindrücklich: „Unser Leben ist vergleichsweis kurz; der Bogen der menschlichen Geschichte ist viel länger als die Lebensdauer eines jeden einzelnen von uns; da ist es leicht, in den Glauben zu verfallen, die Dinge seien schon immer so gewesen, wie sie sind; aber das So-ist-es-nun-mal-im-Leben ist eine Schwachsinnsentschuldigung für Untätigkeit – wenn eines sicher ist, dann das, dass nichts auf Dauer so bleibt, wie es ist.“

Also, dachten sich die Autoren, lasst uns die Dinge ändern. Sie selbst arbeiteten vor ihrer Karriere aus Aussteiger als Berater und Investmentbanker, aber konnten sich nicht vorstellen, trotz großem Gehalt in der Tretmühle ihres Berufslebens zu versauern.

Zwar war es ganz hübsch, den persönlichen Wohlstand zu vermehren und je nach Lust den Body zu mästen oder im teuren Fitness-Studio zu trimmen – sich aber im Grunde nur noch von Wochenende zu Wochenende zu hangeln und ab und an in den Urlaub zu fliehen, das grenzte für die Autoren an Tantalusqualen.

„Warum arbeiten so viele Menschen in Jobs, die ihnen nichts bedeuten?“ lautete eine ihrer Fragen. Im Stoßtrupp der Anzugsträger durch den Alltag zu jetten, sich in oberflächlichen Wortgewäsch die Stimmbänder zu ruinieren, abends im Pub kollektiv zu urinieren und überhaupt die persönliche materielle Leistung zur einzigen Benchmark des Lebens zu erheben – nein, das war für die drei auf Dauer hochgradige Lebensverschwendung.

Die drei WeisenSie stiegen aus und gründeten ein Online-Portal mit Namen „Escape the City“. Der Titel spielt auf London als Finanzzentrum an. Zunächst begannen sie mit einem einfachen Blog. Daraus wurde dann ein fulminanter Online-Dienstleister, der Menschen unterstützt, den Tretmühlen von Großfirmenjobs zu entfliehen, um einen aufregenden neuen Job zu finden, ein eigenes Unternehmen zu gründen oder das große Abenteuer zu suchen.

Die Escape-Bewegung hat mittlerweile mehr als 100.000 Mitglieder weltweit. Ihnen raten die drei Autoren: Wer aus seinem konformen Wohlfühldasein ausbrechen will und eine wirklich erfüllende Arbeit sucht, muss drei Dinge beherzigen:

Erstens: Die erfüllende Tätigkeit setzt voraus, dass man bereit ist, sein Leben selbst zu organisieren und zu gestalten.

Zweitens: Das erfüllende Leben verspricht eine riesige Chance – nämlich kontinuierlich in einer Sache besser zu werden, die wirklich wichtig ist.

Drittens: Das erfüllende Leben hat nur in erster Linie mit einem selbst zu tun. In zweiter Linie und in eindrücklicher Weise kommt es vor allem anderen zugute.

Die Autoren raten ihren Lesern: Wetteifern Sie nicht weiter nach Komplimenten Ihres Chefs oder Ihrer Kollegen! Beschränken Sie sich nicht immer nur auf Fortbildung, um mit Ihren guten Zeugnissen und Papieren zu wedeln! Handeln Sie!

Verschenken Sie keine weitere Zeit – das Leben ist zu kurz. Steigen Sie aus oder zumindest um: Gründen Sie Ihr eigenes Unternehmen! Am besten ein soziales Unternehmen. Das Leben muss doch mehr zu bieten haben als nur diesen Job!

Ganz haben die drei Autoren mit ihrem alten Sein allerdings noch nicht abgeschlossen. Ihr Ratgeber richtet sich an den privilegierten Teil der Gesellschaft, der es sich leisten kann auszusteigen – oder eben an jen, die sich wegen eines zu stressigen und unerfüllenden Jobs überhaupt erst dannach sehnen.

Abgesehen von dieser Einschränkung haben Symigton, Jackman und Howe ein gutes Motivationsbuch vorgelegt, dass nicht ohne Selbstironie ist. Ein Buch vor allem für Social Entrepreneure – und auch für diejenigen, die sich niemals von ihrem Job trennen können, sich aber zwischendurch den ein oder anderen Gedanken machen, warum sie sich das alles antun.

Rob Symigton / Dom Jackman / Mikey Howe: Das Escape-Manifest – Das Leben ist kurz, steigen Sie aus, kündigen Sie, fangen Sie etwas Neues an, Gabal-Verlag, Offenbach 2014.

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Alle bisher erschienenen Buchrezensionen bei WiWo Green finden Sie unter diesem Link.

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