Kosmetik Sind Soldatenfliegen der Rohstoff der Zukunft?

Soldatenfliegen ernähren sich von Müll, aber ihre Larven enthalten begehrte organische Stoffe. Dresdner Forscher wollen die Fliegen deshalb gezielt züchten.

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Lipide und Peptide sind in der Kosmetik-Branche der Renner. Die organischen Teilchen sollen vor Falten und Hautalterung schützen, aber auch beispielsweise Bodybuilding unterstützen. Die Nachfrage ist groß - die Herstellung allerdings kompliziert. Derzeit werden sie aus Tieren und Pflanzen gewonnen, etwa aus Hafer, Haut und Knochen von Schlachttieren, oder Fischen.

Jetzt haben Forscher aus Dresden eine neue Möglichkeit gefunden, an die lukrativen Stoffe zu kommen: Mit Waffenfliegen. Die stellen - ungeachtet ihres Namens - keine Gefahr für den Menschen dar. Wenn man ihre Larven allerdings mit Bioabfällen füttert, dann sind diese im ausgewachsenen Zustand besonders reich an eben jenen Peptiden und Lipiden.

Waffenfliegen tragen ihren Namen nach einer waffenrockähnlichen Musterung auf dem Rücken. Soldatenfliegen, die ebenso ungefährlich sind und zur gleichen Gattung gehören, sind besonders geeignet. Sie verzehren Bioabfälle jeder Art. Diese Abfälle machen rund ein Drittel des sogenannten Siedlungsabfallaufkommens in Deutschland aus.

Zwei Wochen zur "erntereifen" Larve

Das Verfahren, Soldatenfliegen zu züchten und bei Laune zu halten, damit sie Biomasse effektiv umwandeln können, hat Professor Herwig Gutzeit entwickelt, Zoologe an der Technischen Universität Dresden. „Die Larven der Schwarzen Soldatenfliege benötigen unter optimalen Bedingungen circa zwei Wochen für die Entwicklung vom Ei bis zur 'erntereifen' Larve“, so Ariane Adam, die zum Team um Gutzeit gehört.

Die Zucht- und Produktionsanlage ist ein einem Normcontainer untergebracht. Weil Soldatenfliegen und ihre Larven eine gleichbleibende Temperatur von 28 bis 29 Grad lieben, muss das Innere beheizt werden. Dazu soll die sonst an die Umwelt abgegebene Abwärme von Blockheizkraftwerken genutzt werden. Auch ein Störfall wäre kein Problem: Soldatenfliegen übertragen keine Krankheiten, gelten in vielerlei Hinsicht als unproblematisch.

Die ersten Versuche haben gezeigt, dass die Fliegen aus 300 Tonnen beliebiger organischer Abfälle, etwa aus der Biotonne, 120 Tonnen hochwertige Biomasse herstellen. Besonders wertvolle Stoffe, wie eben Lipide und Peptide, können im Labor extrahiert werden.

Die restliche Biomasse kann aufgrund ihres hohen Protein- und Kalziumgehaltes etwa als Fischmehl verkauft werden. Der Preis für eine Tonne Fischmehl liegt laut dem Rohstoffindex Index Mundi derzeit bei 1700 Euro. Die Aufzucht der Fliegen dürfte also finanziell interessant sein. Ob man überhaupt Kosmetik nutzen möchte, deren Wertstoffe aus Tieren extrahiert worden sind, ist hingegen eine andere Frage.

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