Klimawandel in Europa Elf Bilder zeigen, was Sie über die Folgen wissen müssen

Der Klimawandel wird uns nicht betreffen? Weit gefehlt. Die Auswirkungen können drastisch sein – auch in Europa.

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Der Klimawandel ist eine ziemlich abstrakte Sache. Er entfaltet sich langsam und betrifft vor allem Entwicklungsländer, so die bisher gängige Auffassung. Eine ausführliche Studie im Auftrag der EU-Kommission hat nun versucht, die Auswirkungen der Erderwärmung auf die Staatengemeinschaft zu erfassen.

Die Ergebnisse der 115 Seiten starken Studie (hier als PDF) "Climate Impacts in Europe" lohnen einen ausführlich Blick.

Die 49 beteiligten Klimaexperten und Ökonomen rechneten mit mehreren Szenarien; wichtig sind aber vor allem zwei: Einmal ein Weiter-so-Szenario, in dem die Temperatur verglichen mit der Zeit direkt vor der Industrialisierung um 3,5 Grad steigt. Hinzu kommt ein Szenario, in dem die Erderwärmung tatsächlich auf zwei Grad begrenzt wird, indem weniger Treibhausgase in die Atmosphäre gelangen.

Wichtig zudem: Die Studie beschäftigt sich mit den längerfristigen Folgen der Erderwärmung, wie sie zwischen 2070 und 2100 in Europa auftreten.

Wie immer handelt es sich bei den Vorhersagen um Ergebnisse von Modellrechnungen. Die Autoren bezeichnen die Berechnungen aber als "konservativ", die Folgen könnten also drastischer ausfallen. Hinzu kommt: In der Studie haben sie berücksichtigt, dass sich die Menschen wie seit Jahrtausenden an das sich verändernde Klima anpassen.

Dennoch sind die Folgen drastisch, wie die folgen elf Punkte zeigen:

1. Landwirtschaft

Im 3,5-Grad-Szenario könnten die Ernten in Europa bis 2080 um durchschnittlich bis zu zehn Prozent zurückgehen, in Südeuropa bis zu 20 Prozent. Eine Erwärmung um zwei Grad hätte kaum Folgen. In der nahen Zukunft könnten die Ernten durch Innovationen (ertragreichere Sorten z.B.) und zusätzliche Regenfälle durch die Erderwärmung sogar steigen!

2. Energie

Eine 3,5 Grad wärmere Welt könnte den Energiebedarf in Europa um 13 Prozent senken, weil Heizungen seltener laufen. In Südeuropa steigt der Energiebedarf allerdings um acht Prozent, weil Klimaanlagen häufiger zum Einsatz kommen. Eine Zwei-Grad-Welt senkt den Heizbedarf in Europa um durchschnittlich acht Prozent.

3. Überschwemmungen

Sind die Auswirkungen des Klimawandels auf Ernten und Energieerzeugung wenig dramatisch, wenn nicht sogar positiv, kommt es bei den Gefahren durch über die Ufer tretende Flüsse dick. Bei 3,5 Grad Erwärmung könnten die Überflutungsschäden bis 2080 auf 100 Milliarden Euro jährlich anwachsen. Bei zwei Grad Erwärmung wären es 68 Milliarden. Die Zahl der Betroffenen würde in die Hunderttausende gehen. Besonders anfällig sind Großbritannien und Zentraleuropa.

Aber: Anpassungen an den Klimawandel durch Flussrenaturierung und Deiche zum Beispiel können die Schadenskosten halbieren; aber auch sie kosten erst einmal Geld.

4. Dürren

Die von längeren regenfreien Zeiten betroffenen Ackerflächen in Europa könnten sich versiebenfachen. Dann wäre eine Fläche von der doppelten Größe Deutschlands jährlich von Dürren betroffen. Vor allem Südeuropa würde leiden, bis zu 70 Millionen Menschen würden dort die Auswirkungen von Dürren spüren.

5. Waldbrände

Im 3,5-Grad-Szenario verdoppelt sich die von Bränden betroffene Waldfläche auf 800.00 Hektar pro Jahr. Auch hier ist vor allem Südeuropa betroffen. im Zwei-Grad-Szenario brennen nur 400.00 Hektar ab.

6. Transport-Infrastruktur

Vor allem die Kosten von Straßenschäden durch verstärkte Regenfälle könnten pro Jahr auf rund 930 Millionen Euro steigen, schreiben die Autoren. 50 Prozent mehr als heute. Bei zwei Grad Erwärmung wären es 770 Millionen Euro pro Jahr. Mildere Winter würden wiederum zu geringeren Schäden führen, heißere Sommer aber eine aufwendigere Asphaltierung nötig machen.

Ein Anstieg des Meeresspiegels um einen Meter würde Straßen, Brücken und Schienen im Wert von 18 Milliarden Euro unbrauchbar machen.

7. Küsten

Überschwemmungen durch den Anstieg des Meeresspiegels würden zu Schäden zwischen 14 (bei zwei Grad) und 17 Milliarden Euro (bei 3,5 Grad) pro Jahr führen.

8. Tourismus

Vor allem wegen Hitzewellen im Süden Europas würde die Tourismusindustrie leiden. Ihr Umsatz könnte um bis zu 15 Milliarden Euro im Jahr sinken.

9. Tierwelt

Generell werden sich die Lebensräume der Tiere mit der Erwärmung nach Norden und in höhere Lagen verschieben. Dort entspricht das Klima eher ihrem angestammten Lebensraum. Problem: Schreitet der Klimawandel zu schnell voran, könnten sich viele Tierarten nicht an die Veränderung anpassen.

10. Gesundheit

Die Klima-Studie im Auftrag der EU-Kommission hat sich vor allem die Auswirkungen angesehen, die Hitzewellen und zusätzliche Krankheiten im Zuge der Erderwärmung haben können. Das erschreckende Ergebnis: Die dadurch verursachten Todeszahlen könnten sich im Laufe dieses Jahrhunderts auf rund 100.000 Todesfälle pro Jahr verdoppeln. Im Zwei-Grad-Szeanrio wären es circa 20.000 weniger.

11. Folgen für die Wirtschaft

Die zuvor beschriebenen Folgen hätten gravierende Auswirkungen auf Europas Wirtschaft. Die Verluste würden sich auf zwei Prozent des BIP belaufen, schätzen die Autoren, die Gesamtschäden würden damit im 3,5-Grad-Szenario rund 190 Milliarden Euro pro Jahr betragen.

In Südeuropa wären die Auswirkungen wiederum am stärksten. Ganz oben auf der Schadensrechnung der Erderwärmung stehen die Folgen für Gesundheit und die Auswirkungen auf die Küsten und die Landwirtschaft. Begrenzt die Menschheit die Erwärmung auf zwei Grad, würden die Schäden um rund 50 Prozent sinken.

***

Eine große Studie zu den Folgen des Klimawandels in den USA präsentierte kürzlich US-Präsident Barack Obama (wir berichteten). Auch über die Folgen für die US-Wirtschaft berichtete ein Report (mehr dazu hier).

(Copyright für Bilder von oben nach unten: Bloomberg, Siemens, Wikicommons, Getty Images, Wikicommons, Flickr / FuFuWolf, Wikicommons, Flickr / Tony, Pixabay / Beeki, Wikicommons, Getty Images)

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