"Hyperions" Die Vision einer Öko-Stadt wird in Indien zur Realität

"Hyperions" ist ein futuristisches Stadtkonzept, umweltbewusst und energiesparend - und wird umgesetzt.

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Das Architektenbüro Vincent Callebaut ist bekannt für seine futuristischen Entwürfe für umweltfreundliche Gebäude und Stadtviertel. Auf den ersten Blick erscheinen viele davon zu ambitioniert, um jemals Wirklichkeit zu werden. Da ist die schwimmende Insel aus dem 3D-Drucker, die aus Plastikmüll und Algen aus dem Meer besteht. Oder die selbstversorgenden Zeppelin-Städte, die gleichzeitig auch Wasserstoff produzierende, fliegende Farmen sind.

Ein ähnlich außergewöhnlicher Entwurf des Büros wird in Indien nun tatsächlich umgesetzt. “Hyperions” ist eine Art in die Höhe gebautes, autarkes Dorf, das zwischen 2020 und 2022 fertiggestellt werden soll. Sechs 128 Meter hohe Türme sollen in Jaypee, einer Stadt in der Nähe von Neu-Delhi, in den Himmel wachsen. Rund 1000 Wohnungen, Büros und Co-Working Spaces haben in den Türmen mit jeweils 36 Stockwerken Platz.

Der Entwurf für Hyperions stammt vom indischen Agrarökologen Amlankusum und seiner Frau, der Städteplanerin Kamalesh. “Wir beide träumen davon, Jaypee in Wildnis zu verwandeln”, sagt Amlankusum. “Wir wollen es mit Leben erfüllen und zu einer Natur-Stadt machen, die organisch, dicht und so flexibel wie nötig ist und die ein starkes fruchtbares Potenzial hat.”

Mehr Energie produziert als verbraucht

Die sechs Türme besteht zu 75 Prozent aus natürlichem Material, hauptsächlich Holz aus einem nahe gelegenen und nachhaltig geforsteten Wald. Beton und Stahl sind nur für das Fundament und das Grundgerüst nötig. Das ist stabil genug, damit die Türme auch ein Erdbeben überstehen können. Außerdem soll die Struktur brandresistent sein und einen guten Schallschutz und Wärmeisolation haben.

Hyperions soll fast komplett autark sein und sogar mehr Energie produzieren, als die Bewohner verbrauchen. An den Turmfassaden, auf Balkons und Dächern wandeln Solarzellen Sonnenlicht in Strom um. Zusätzliche Energie soll zum einen aus organischen Abfällen kommen. Zum anderen stehen auf den Brücken zwischen den Türmen “Wind-Lampenpfosten”. Die beleuchten die Wege mit Energie, die mit Hilfe von an den Pfosten angebrachten Windturbinen gewonnen wird.

Klimatisierung durch ErdwärmeDer Wasserverbrauch in dem Quartier soll rund 90 Prozent unter dem Durchschnitt liegen, und dabei ist der geplante natürliche Pool schon eingerechnet. Das gelingt durch Auffangbecken an den Brücken, die Regenwasser auffangen und zu Speichern weiterleiten. Dazu kommt ein Recycling-System für Wasser, das damit in Gärten oder auf Balkons fließt, wo Obst und Gemüse wachsen. Und dank eines Aquaponik-Systems gibt es auch frischen Fisch.

Für die Beheizung und die Klimatisierung hat sich Amlankusum ebenfalls etwas Besonderes einfallen lassen. Luft wird durch ein System von Windschloten in das Innere des Komplexes geleitet und unterwegs durch die Erdwärme je nach Jahreszeit und Lufttemperatur entweder abgekühlt oder aufgewärmt.

Benannt sind die Türme übrigens nach dem Baum mit dem Namen Hyperion, der als der höchste der Welt gilt. (Und wiederum nach einem Titanen der griechischen Sagenwelt benannt ist.) Der Küstenmammutbaum steht im Redwood-Nationalpark in Kalifornien. In Zukunft wird er allerdings nicht mehr der höchste Träger dieses Namens sein. Mit gut 115 Metern ist er nämlich 13 Meter kleiner als die Türme in Jaypee.

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