Günstiger Biosprit Genpflanzen sollen den Durchbruch bringen

Biosprit aus Stroh oder Gräsern ist teuer. Forscher wollen Pflanzengene nun so verändern, dass die Kosten sinken.

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Aus Holz, Stroh und anderen Bioabfällen Treibstoff für Autos herzustellen, ist bisher ein unerfüllter Traum geblieben. Bisher werden für Biotreibstoffe wie Biodiesel oder Ethanol (zum Beispiel in E10), die rund sieben Prozent des deutschen Kraftstoffbedarfs decken, Nahrungs- und Futtermittel genutzt: unter anderem Raps, Mais und Zuckerrüben.

Dass der Umstieg auf Bioabfälle wie Stroh oder nicht essbare Gräser nur langsam realisiert wird liegt an den Kosten. Das liegt vor allem am so genannten Aufschluss. Biomasse besteht zu einem guten Teil aus Lignin, das für die bisherige Ethanolproduktion nicht taugt, mehr noch: Das in reiner Form äußerst zähe Material verhindert, dass die Bakterien und Hefen, die Cellulose aus den Pflanzen zu Ethanol vergären, gar nicht an ihr Ziel kommen. Das Lignin schirmt die Fasern wirksam ab.

Pilze könnten den zähen Lignin-Schutzschild entfernen, doch das ist ein langwieriger Prozess. Besser geht es mit hoch konzentierten Säuren, in denen die Holz- und Strohschnitzel über längere Zeit gekocht werden. Aber das wiederum kostet eine Menge Energie.

Forscher am Lawrence Berkeley National Laboratory in Kalifornien und der belgische Professor Woet Boerjan gehen nun einen völlig anderen Weg: Sie kappen das Gen, das für die Ligninbildung zuständig ist. Während Mikroorganismen nur 18 Prozent der Cellulose in unbehandelter normaler Biomasse in Ethanol umsetzen, sind es bei den ligninreduzierten Sorten rund 80 Prozent.

Genveränderte Pflanzen sollen den Durchbruch bringenNachteil dieses Verfahrens: Die manipulierten Pflanzen neigen zu Wachstumsstörungen,  sodass der positive Effekt auf die Ethanolmenge wieder aufgehoben wird. Dieses Problem wiederum lösten die Forscher, indem sie die Ligninproduktion nicht völlig, sondern nur zu einem Teil unterbanden.

Manipuliert wurden unter anderem die Gene der Rutenhirse, die auch auf landwirtschaftlich nicht nutzbaren Böden wächst. Die schnellwüchsige Pflanze erreicht eine Höhe von 2,5 Meter. Ehe ihr Verfahren aber kommerziell nutzbar ist wird noch eine Weile vergehen, betonen die Wissenschaftler.

Das entscheidende Problem dabei ist: In Europa dürften die genveränderten Pflanzen wohl gar nicht angebaut werden. Mehr Chancen, auf dem europäischen Markt Erfolg zu haben, hat deshalb das ebenfalls in Kalifornien angesiedelte Biotech-Unternehmen Ceres.

Die Forscher dort experimentieren mit selbst entwickelten Pflanzen, die sie mittels neuer Methoden so lange kreuzen, bis sich die gewünschten Eigenschaften ergeben. Im Labor haben die Industrieforscher bereits gezeigt, dass die Umsetzung der Cellulose ihrer Pflanzen in Ethanol Kosten einzusparen verspricht, zumal weniger Enzyme als Reaktionsbeschleuniger benötigt werden als bei der Umsetzung von Cellulose, die mit Säure aufgeschlossen wird.

Ceres-CEO Richard Hamilton glaubt, dass dieses Verfahren die Kosten pro Gallone (rund 3,8 Liter) um rund einen US-Dollar drücken könnte. Das könnte zu einem Literpreis von umgerechnet 58 und 78 Euro-Cent führen. Damit würde Biosprit genauso viel kosten wie herkömmlicher Diesel.

Entscheidende Hürde ist genommenDen Entwicklungen in den USA kommt deshalb eine so große Bedeutung zu, weil ein anderes zentrales Problem der Biospritherstellung aus Pflanzenabfall oder Gräsern inzwischen gelöst ist. Lange war es schwierig Hefen und Bakterien zu finden, die nicht nur Glukose, also normalen Zucker, vergären können.

Der erste, der Hefe erfolgreich darauf getrimmt hat, die in Cellulose hauptsächlich vorhandenen Zuckerarten Xylose und Arabinose umzusetzen, ist der Frankfurter Professor Eckhard Boles. Vor sechs Jahren war er Mitgründer des Schweizer Unternehmens Butalco, das die Effektivität der Hefen weiter verbessert.

Das Potenzial für Treibstoff aus Pflanzenabfällen ist gigantisch. Allein in der Europäischen Union fallen laut Studien jährlich 300 bis 400 Millionen Tonnen Getreidestroh an, die nicht genutzt werden. Daraus könnte nach Berechnungen von Süd-Chemie so viel Bioethanol gewonnen werden, dass sich 20 Prozent des in der EU verbrauchten Benzins ersetzen ließe.

Bisher gibt es nur wenige Hersteller, die mit grünen Sprit aus Pflanzenabfall auf dem Markt sind: Die mit Abstand größte Fabrik, die aus Biomasse Ethanol herstellt, arbeitet im italienischen Städtchen Crescentino. 40000 Tonnen produziert sie im Jahr aus Weizenstroh und eigens für diesen Zweck angebautem Pfahlrohr, das den wissenschaftlichen Namen Arundo donax trägt.

Jeweils ein Zehntel davon produzieren zwei Anlagen in Spanien und Dänemark, gerade mal 1000 Jahrestonnen schafft das Münchner Unternehmen Süd-Chemie, das zum Schweizer Spezialchemiekalienhersteller Clariant gehört, in seiner Anlage in Straubing.

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