Frage der Woche Wie stark schädigen Obst und Gemüse die Umwelt?

Je nach Anbauart und Herkunft schwanken Wasserverbrauch und Klimabilanz von Obst und Gemüse gewaltig.

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Der Fleischkonsum gehört zu den größten Quellen von klimaschädlichen Treibhausgasen. Bis zu 51 Prozent des vom Menschen verursachten Kohlendioxid, Methan und Stickstoffoxid, so eine Studie der NGO Worldwatch-Institut, lassen sich auf Fleischkonsum und die Tierhaltung zurückführen. Die Viehzucht ist damit klimaschädlicher als der gesamte weltweite Verkehr und einer der Hauptmotoren des vom Menschen verursachten Klimawandels.

Umweltfreundlicher hingegen sind, na klar: Obst und Gemüse. Im Vergleich zu tierischen Produkten verursacht ihr Anbau weitaus weniger Treibhausgase. Allerdings kann sich auch ihre Treibhausgasbilanz durch die Produktion und den Transport drastisch verschlechtern. Produkte aus Gewächshäusern und Flugware sind echte Klimakiller.

Klimabilanz: Besser Spanien als GewächshausWie viele Treibhausgase beim Anbau einer bestimmten Gemüse- oder Obstsorte freigesetzt werden, hängt von vielen Faktoren ab. Eine wichtige Rolle spielt der regionale und vor allem saisonale Anbau, der Gewächshäuser und lange Transportwege überflüssig macht. So verursachen Tomaten, die zwischen Juli und Oktober bei uns in Deutschland angebaut werden, zehn Mal weniger klimaschädliche Treibhausgase als Tomaten, die im Winter in einem Gewächshaus wachsen.

Die Klimabilanz verschiedener Anbauarten zeigt die folgende Tabelle:

Die Umweltbilanz von Obst und Gemüse beschränkt sich aber längst nicht nur auf Treibhausgase, die der Anbau verursacht. Mindestens ebenso wichtig für eine gesunde Umwelt ist der sogenannte Wasserfußabdruck. Dieser Indikator gibt an, wie viel Wasser durch die Nutzung bestimmter Produkte verloren geht. Nach Angaben des WWF verbraucht jeder Deutsche pro Tag rund 5.288 Liter Wasser - das sind fast 27 Badewannen. Aufs Jahr gerechnet verbrauchen die Bundesbürger also 160 Milliarden Kubikmeter Wasser – viermal so viel wie in den Bodensee passt.

Fast drei Viertel dieser Wassermenge werden in der Landwirtschaft verbraucht, vor allem im Ackerbau. Kaffee, Kakao oder Ölsaaten, die aufgrund klimatischer Bedingungen nicht in Deutschland angebaut werden können, prägen unseren Wasser-Fußabdruck deutlich. Die Produktion tierischer Güter hingegen trägt nur zu 29 Prozent dazu bei.

Gemüse ist nicht gleich GemüseJegliches Gemüse aufgrund dieser Zahlen zu verteufeln, wäre dennoch falsch. Der Wasserfußabdruck variiert drastisch, je nach Sorte. Zu diesem Ergebnis kamen niederländische Forscher in ihrem Bericht "The green, blue and grey water footprint of crops and derived crop products" im Jahr 2011. Die Farbe Grün in den folgenden Grafiken steht dabei für den Anteil des Regenwassers, das die Pflanzen aus dem Boden saugen und das verdunstet. Blau ist all das Wasser, das aus Seen und Flüssen oder dem Grundwasser für die Bewässerung entnommen wird. Und Grau misst schließlich, wie viel Wasser im Produktionsprozess verschmutzt wird, zum Beispiel durch Pestizide.

Ein Kilogramm in Deutschland verkaufter Kartoffeln, hat durchschnittlich 278 Liter virtuelles Wasser verbaucht. Dieser vergleichsweise hohe Wert ist den importierten Frühkartoffeln aus Nordafrika und Israel geschuldet. Denn obwohl Deutschland mit einem jährlichen Ertrag von elf Millionen Tonnen weltweit der sechstgrößte Kartoffelproduzent ist - und rund zwei Millionen Tonnen exportiert - führt Deutschland jedes Jahr rund 122.000 Tonnen Frühkartoffeln ein. Ökologisch gesehen ist das völliger Unsinn, da sich im Herbst geerntete Erdknollen bestens bis ins Frühjahr lagern lassen.

Eine bessere Wasserbilanz als die Kartoffel hat des Deutschen liebstes Gemüse: die Tomate. Gerade mal neun Liter Wasser brauchen niederländische Bauern, um ein Kilogramm Tomaten zu produzieren. Das liegt vor allem daran, dass die dortigen Produzenten ihr Wasser meist vorbildlich recyceln. Der Großteil unserer Tomatenimporte stammt von dort.

Südländische Bauern produzieren nämlich weit weniger effizient. Wegen den hohen Temperaturen und den künstlichen Bewässerungssystemen braucht der wasserarme Süden Europas ein Vielfaches an Wasser, um Tomaten anzubauen. Jenseits des Mittelmeeres, in Ägypten, sind es sogar unfassbare 230 Liter pro Kilogramm. Tomaten aufgrund der schlechten Klimabilanz deshalb ganzjährig von deutschen oder holländischen Bauern zu beziehen, lohnt hingegen auch nicht. Der winterliche Energieaufwand der Gewächshäuser, um die Tomaten zu beleuchten und zu beheizen, macht den Vorteil durch den guten Wasserfußabdruck wieder wett. Ein Dilemma.

Bei Obst gehen die Werte ähnlich weit auseinander. So brauchen Erdbeeren durch die intensive Bewässerung und die hohe Importquote im Schnitt 276 Liter Wasser pro Kilo. Noch mehr verbrauchen Orangen, die in den Monaten November bis Mai aus der Mittelmeerregion importiert werden. Rund 560 Liter pro Kilogramm werden für die Produktion verbraucht. Kauft man Orangen aus China - ja, auch dort werden sie angebaut - verschwendet man sogar stattliche 1371 Liter Wasser.

Noch mehr Wasser als Orangen verbrauchen Äpfel. Zumindest, wenn sie importiert werden. Im weltweiten Durchschnitt benötigen die Bauern rund 821 Liter. Beim Kauf deutscher Äpfel muss man allerdings keine Sorge haben, dass sie zum Wassermangel beitragen. Deutsche Produzenten verbrauchen lediglich 213 Liter pro Kilogramm Frucht. Berechnungen zeigen zudem, dass selbst die monatelange Lagerung deutscher Äpfel weniger Energie verbraucht als beispielsweise der Import frischer neuseeländischer Äpfel.

Am Beispiel des Apfels zeigt sich deshalb deutlich, worauf man achten sollte, um die eigene Wasserverschwendung durch Obst und Gemüse möglichst gering zu halten. Wer die geläufigen Tipps beachtet, tut der Umwelt Gutes:

1. Kaufen Sie regionale ProdukteOb griechischer Spargel, Tomaten von den Kanaren oder die sizilianische Zucchini - für fast alle Gemüsesorten gilt: Umso nördlicher Obst und Gemüse angebaut wird, desto weniger CO2 wird für den Transport und desto weniger Wasser wird meist auch für den Anbau benötigt. Achten Sie also möglichst auf heimische Produkte. Am besten vom Bauernhof um die Ecke.

2. Kaufen Sie nach SaisonKein Obst oder Gemüse hat das ganze Jahr Saison. Wichtig ist also, saisonal einzukaufen: Zitrusfrüchte kauft man am besten von Dezember bis April, da im Sommer meist wasserintensive südafrikanische Ware in den Regalen liegt. Mediterranes Gemüse ersetzt man im Winter möglichst durch mitteleuropäisches Gemüse wie Möhren, Wirsing, Rote Beete oder Kohl. Und Erdbeeren und Spargel isst man am besten - wie es sich gehört - zwischen Mai und Juni von lokalen Bauern. Eine Übersicht, wann welche Produkte Saison haben, finden Sie hier.

3. Kaufen Sie lieber Bio statt konventionelle NahrungsmittelBiologischer Anbau muss vom Grundsatz her weder effizient noch nachhaltig mit lokalen Wasserreserven umgehen. Diese Aspekte sind keine Kriterien in der Öko-Verordnung. Trotz Bio-Siegel kann Gemüse also einen ähnlich hohen Wasserfußabdruck haben wie konventionelle Produkte. Allerdings verbraucht Bio-Gemüse tendenziell weniger Wasser, da die Böden nicht mit hohen Mengen an Kunstdünger bearbeitet werden. Dadurch ist der Boden humusreicher und kann Wasser besser speichern. Zudem werden keine Pesitizide und Düngemittel eingesetzt, die den Wasserfußabdruck negativ beeinflussen.

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In unserer Rubrik „Frage der Woche“ beantworten wir regelmäßig Fragen zur Nachhaltigkeit von Produkten. Haben Sie auch eine Frage? Dann schreiben Sie uns an die Adresse green@wiwo.de.

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