"Fahrradschlange" Kopenhagen baut die wohl schickste Radbrücke der Welt

Eine neue Fahrradbrücke soll in Kopenhagen den Verkehr entlasten. Mehr als 10.000 Radler sollen sie täglich nutzen.

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Auch wenn aktuelle Rankings das niederländische Houten zur europäischen Fahrradhauptstadt küren, liegt für viele Radler und Stadtplaner die dänische Hauptstadt Kopenhagen in Sachen Fahrradfreundlichkeit weltweit an der Spitze. Das nicht ohne Grund.

Nachdem die Dänen vor einiger Zeit erklärten, ihr Fahrradwegenetz bis 2025 auf mehr als 500 Kilometer ausbauen zu wollen und mit einem ausgeklügelten System Bikesharing in Kopenhagen superalltagstauglich werden soll, folgt jetzt der nächste Streich: Nach acht Jahren Bauzeit hat vor wenigen Tagen die Cykleslangen eröffnet, zu Deutsch "die Fahrradschlange".

Nadelöhr entschärftDer Name bezeichnet ein so einfaches wie geniales Infrastrukturprojekt für Fahrradfahrer: Ein Bike-Highway, der die Stadtteile Kalvebod Brygge und Islands Brygge miteinander verbindet. Die beiden Viertel befinden sich im Hafen der dänischen Hauptstadt und waren zuvor nur über eine Autobrücke mit seitlichen Bürgersteigen erreichbar.

Das führte bisher regelmäßig zu Staus, weil täglich mehr als 10.000 Fußgänger und Fahrradfahrer die Brücke überqueren mussten. Gleichzeitig mussten Radler entweder die nicht ungefährliche Autospur wählen oder heimsten sich Beschwerden von Fußgängern ein, wenn sie den Bürgersteig benutzten.

Ein weiteres Problem: Wer die Brücke überqueren will, muss auf beiden Seiten mehrere Treppenstufen überwinden - mit einem Fahrrad unterm Arm nicht unbedingt ein Vergnügen.

Jetzt soll die Cykleslangen Abhilfe schaffen, indem der gesamte Fahrradverkehr von Islands Brygge nach Kalvebod Brygge oder zurück auf den 190 Meter langen Highway umgeleitet wird.

12.500 Radler sollen jeden Tag die Brücke nutzenAn dessen beiden Enden sorgen 30 Meter lange Rampen für ein bequemes Auffahren auf den Highway, außerdem ist die Brücke mit vier Metern so breit, dass selbst das Überholen kein Problem ist. Eine Mittelstreifenmarkierung auf dem orange eingefärbten Fahrbahnbelag soll außerdem Zusammenstöße mit dem Gegenverkehr vermeiden. Rund 12.500 Fahrräder werden die Cykleslangen ab sofort jeden Tag benutzen, schätzt der Verkehrsexperte Martin Randelhoff auf seinem Blog Zukunft Mobilität.

Dadurch wird die bestehende, alte Brücke entlastet, Fußgänger haben mehr Platz auf den Bürgersteigen und Autofahrer müssen keine Fahrradcrashs mehr fürchten. Weiterer Vorteil: Das lästige Tragen des Fahrrads über die Treppenstufen an den Ende der alten Brücke entfällt.

Auch wenn der neue Fahrradhighway dabei teilweise sieben Meter über dem Hafenbecken verläuft, müssen Radler auch nachts keinen Absturz fürchten – eine integrierte Beleuchtung sorgt für Sicherheit im Dunkeln und lässt die Cykleslangen als schickes Designelement im Kopenhagener Hafenbecken aufleuchten. Ausgedacht hat sich das Konzept das dänische Architekturbüro Dissing+Weitling.

Die Baukosten des Projekts lagen laut dem Blog Copenhagenize bei rund 5.1 Millionen Euro. Auf den Meter gerechnet ergibt das Kosten von rund 27.000 Euro.

Damit liegt die Kopenhagener Fahrradschlange auf einem ähnlichen Preisniveau wie das ambitionierte Fahrradhighwayprojekt in London: Hier sind rund 30.000 Euro für jeden Meter "Fahrradweg auf Stelzen" veranschlagt.

Mit der Cykleslangen treffen Kopenhagens Stadtplaner den Zeitgeist vieler Fahrradfreunde: Den Radverkehr vom Fußgängerverkehr komplett zu trennen und so zu einer Entlastung auf beiden Seiten zu führen.

So sorgte erst kürzlich der niederländische "Hovenring", ein Kreisverkehr für Radler, der über dem für Autos schwebt, in Fahrradforen für viel Begeisterung. In der deutschen Fahrradhochburg Münster hat es der schwebende Kreisverkehr sogar in die Lokalnachrichten als mögliche Lösung für einen viel befahrenen Autokreisel gebracht. Das zeigt: Über eine Cykleslangen würden sich auch Radfahrer in deutschen Großstädten freuen.

Hier noch eine "virtuelle Fahrt" über die Cykleslangen:



 

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