Crowdfunding So bringen vier Startups die Energiewende voran

Energiewende für alle: Vier Startups aus Deutschland finanzieren per Crowdfunding grüne Technologien.

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Mehr als 130.000 Genossen haben sich bereits zusammengetan, um die Energiewende selbst in die Hand zu nehmen. Dabei handelt es sich aber nicht um einen SPD-Arbeitskreis, sondern um das Engagement der mehr als 750 eingetragenen Energiegenossenschaften in Deutschland. Auch umweltfreundliche Banken haben Mitgliederzuwächse. Das zeigt: Grüne Investments sind beliebter denn je. Hinzu kommen jetzt auch immer Crowdfunding-Plattformen, auf denen jeder auch schon mit wenig Geld in grüne Technologien investieren kann.

In Deutschland sind beim Crowdfunding für nachhaltige Projekte vier Anbieter federführend. Crowdenergy aus Berlin, Green Crowding aus Köln, Bettervest aus Frankfurt und neuerdings Econeers aus Dresden. Letztere sind zwar erst vor knapp einer Woche gestartet, geben aber schon ehrgeizige Ziele aus: „Wir wollen in dem Bereich grünes Crowdfunding Marktführer werden“, sagt Dana Melanie Schramm, Sprecherin des Startups. Und die Chancen stehen dabei gar nicht schlecht.

Econeers ist ein Tocherunternehmen des erfolgreichen Portals Seedmatch, welches ohnehin führend im Bereich Crowdfunding für Startups ist. Im Gegensatz zu Seedmatch, sollen bei Econeers jedoch nicht unbedingt nur Jungunternehmen finanziert werden. Die Investments fließen auch in die Weiterentwicklung bestehender Projekte, wie beispielsweise den Biokohlereaktor des Unternehmens Tiefschwarz. Er ist das erste für Investoren zur Verfügung stehende Projekt bei Econeers. Der Reaktor macht aus biologischen Abfällen wie Pferdemist oder Pflanzenresten Strom, Wärme und Biokohle.

Mit weiteren Projektpartnern laufen bereits Gespräche. Zu Beginn sollen ein bis zwei neue Angebote pro Monat auf der Plattform präsentiert werden. Schon mit 250 Euro kann jeder Interessierte einsteigen. Und das zu einer festen Verzinsung. Tiefschwarz plant für seine Biokohle mit sechs Prozent pro Jahr. Und gibt sogar einen Bonus: 20 Prozent des Gewinns werden zusätzlich ausgeschüttet. Voraussetzung ist natürlich, wie bei allen Crowdfunding-Projekten, dass das Projekt am Markt erfolgreich ist. Scheitert es, ist die Investition verloren.

Auch kleine, lokale Projekte im AngebotDie grüne Technik kommt bei den potenziellen Investoren gut an. Econeers hat bereits 1100 registrierte Nutzer. Und Tiefschwarz 167.750 Euro von 160 Investoren gesammelt. Das ist mehr als die Hälfte von dem, was das Unternehmen einwerben muss, um ausgezahlt zu werden. Denn wie bei anderen Anbieter auch, fließen die Gelder nur dann an das Projekt, wenn eine die anvisierte Fundingsschwelle erreicht wird.

Auch Bettervest hat bereits erfolgreich zur Finanzierung von grünen Projekten beigetragen: Dank einer neuen LED-Beleuchtung für ein Fitnessstudio schwitzen die potenziellen Anleger jetzt nicht nur in umweltfreundlichem Licht, sondern verdienen dabei auch noch Geld. Als nächstes stehen zum Beispiel Projekte im Bereich Heizungsenergie und Rauchgasentgiftung an. Gerade kleine und lokale Unternehmen stehen im Fokus des Portals. Der Anleger soll die Einsparungen erleben können. Dafür reichen schon 50 Euro Beteiligung.

Dass sich die beiden Anbieter Econeers und Bettervest dabei in die Quere kommen können, glaubt Patrick Mijnals, Geschäftsführer von Bettervest, nicht: "Konkurrenz ist bei uns als Sozialunternehmern das falsche Wort. Uns geht es primär darum, die Energiewende in Bürgerhand zu legen, da kommt uns jede Unterstützung recht." Mijnals ist sich sicher: "Wir sind die Pioniere im Bereich Energieeffzienz durch Crowdfunding." Und dass es dort gigantisches Einsparpotenzial gibt, von dem alle profitieren könnten, steht für ihn fest.

"Wir empfinden es als vielversprechendes Lob, wenn Seedmatch davon ausgeht, dass das Potenzial unseres Geschäftsmodells mindestens um den Faktor 2 oder 3 größer ist als das eigene und nun selbst auch in den Markt einsteigt", ergänzt Mijnals mit Bezug auf die Gründung von Econeers.

Was hingegen den dritten Anbieter Crowdenergy so einzigartig macht, ist die Verbindung von alten und neuen Ideen: Es ist eine Energiegenossenschaft für Solaranlagen im klassischen Sinn, jedoch verlagert ins Internet und erweitert um die Methode des Crowdfunding - quasi eine Genossenschenschaft für das 21. Jahrhundert. Die bisher angebotenen Projekten wurde alle erfolgreich finanziert. Neue Anlagen warten schon auf Investoren. Statt Zinsen gibt es, wie bei einer Genossenschenschaft üblich, Dividende.

Ganz ähnlich sieht auch das Investmentmodell von Green Crowding aus. Statt mit etablierten Technologien wagt sich das von der ehemaligen Energiemangerin Sissy Müller gegründete Startup gleich mit einem revolutionäres Projekt an die Öffentlichkeit: Geldgeber können hier in die erste kommerzielle Höhenwindanlage der Welt investieren.

Wie sich die vier Portale unterscheiden, zeigt die Übersicht:

1. Bettervest - Preisträger mit prominenter Schirmherrschaft

Die noch junge Plattform Bettervest hat zwar erst zwei Pilotprojekte finanziert. Dafür aber schon diverse Preise abgeräumt. Die letzte Auszeichnung trägt sogar die Unterschrift von Bundespräsident Joachim Gauck: "Deutschland - Land der Ideen", ein Ideenwettbewerb für Innovationen. Damit nicht genug der klingenden Namen, denn künftig wird ein wissenschaftlicher Beirat unter der Schirmherrschaft von Ernst Ulrich von Weizsäcker die Nachhaltigskeitsstrategien der eingestellten Projekte beurteilen. In Kürze wird das Portal regelmäßig neue Projekte zur Finanzierung vorstellen.

2. Crowdenergy - Genossenschaft und Crowdfundingplattform

Die Vorteile einer Genossenschaft mit den Methoden des Crowdfunding zu vernetzen, ist der Anspruch von Crowdenergy. Hier kann jeder zum Solaranleger werden - bequem von zu Hause aus. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, in andere soziale Projekte zu investieren oder für Entwicklungsländer zu spenden. Zwischen 20.000 und 70.000 Euro kommen auf der Plattform regelmäßig zusammen, um Photovoltaikanlagen zu bauen.

3. Econeers - der Seedmatchableger setzt auf etablierte Unternehmen

Econeers engagiert sich vor allem im Bereich erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Gemeinsam mit etablierten Projektpartnern will das Startup Marktführer bei grünem Crowdfunding werden. Das erste Projekt ist beinahe finanziert. Die Dresdner setzen auf solide Renditen und zunächst wenige, dafür sichere Geldanlagen. Mit einem bestehenden Seedmatch Account ist auch die Nutzung von Econeers möglich.

4. Green Crowding - keine Angst vor neuer Technik

Vor allem ein Problem will die Sissy Müller, Green-Crowding-Gründerin aus Köln, mit ihrem Startup lösen: Investitionsbereite Bürger und Erneuerbare-Energien-Projekte auf der Suche nach Geld finden oft nicht zueinander.

Die Investitionen auf der Plattform funktionieren nach dem Darlehen-Prinzip, sodass der Geldgeber einfach zum Gläubiger wird. Nach ein paar Jahren fließt sein Geld verzinst zurück. So brauchen Projekte weniger oder überhaupt kein Geld von Banken – und viele, die sonst nicht realisiert worden wären, bekommen genügend Geldgeber. Das erste Projekt war eine Solaranlage auf einer Kölner Schule. Gerade sucht Green Crowding Geldgeber für ein revolutionäres Höhenwindprojekt.

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