Bridgestone vs. Continental Rennen um Auto-Reifen ohne Kautschuk

Ohne Kautschuk kamen Reifen bislang nicht aus. Nun hat Bridgestone einen Reifen komplett aus einer Ersatzpflanze hergestellt.

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Der japanische Reifenhersteller Bridgestone und der deutsche Autozulieferer Continental liefern sich ein Wettrennen. Das Ziel: Der erste Autoreifen ohne Kautschuk.

Zumindest ohne Kautschuk vom tropischen Kautschukbaum. Bislang hatte Continental die Nase vorn: Mit einer Kleinserie von Reifen, deren Lauffläche aus Ersatzkautschuk besteht. Nun haben die Japaner einen Prestigeerfolg eingefahren: Den ersten PKW-Reifen, der komplett ohne Naturkautschuk auskommt.

Die beiden Hersteller arbeiten mit unterschiedlichen Ersatz-Pflanzen. Die Hannoveraner haben ihren Reifen TaraxaGum getauft, da Taraxacum der botanische Name des Kaukasischen Löwenzahns ist, aus dem ihr Kautschuk besteht.

Bridgestone setzt auf die Guayule-Pflanze, die ebenfalls Kautschuk liefert. Sie wächst in Trockengebieten in Mexiko sowie in den US-Bundessaaten Texas und New Mexico. Das Gummi wird aus Wurzeln und Stengeln des genügsamen Strauchs gewonnen.

Seit 2013 kultivieren die japanischen Reifenbauer die Pflanze auf einer 114 Hektar großen Fläche in Eloy im US-Bundesstaat Arizona. Ein Jahr später nahm das Biorubber Process Research Center im benachbarten Mesa den Betrieb auf. Hier werden die besten Wege zur Gewinnung des Kautschuks erforscht. Integriert ist eine Anlage, auf der Reifen produziert werden können.

Den jetzt vorgestellten Reifen, in dem der Naturkautschukanteil zu 100 Prozent durch Guayule ersetzt wurde, produzierten die Japaner in Rom. Continental beschäftigt sich noch mit dem neuen Rohstoff: „Wir planen unseren Löwenzahn anteilig selbst anzubauen“, sagt Davod O`Donnell, bei Continental für Reifenforschung und -entwicklung zuständig. „Es existieren bereits erste Felder, auf denen wir den Anbau mit Landwirten unter Realbedingungen testen.“ Continental denkt an die Nutzung von Brachen in der Nähe von Reifenproduktionsstätten.

Das wäre ein Vorteil: Der Löwenzahn wächst nahezu überall auf der nördlichen Erdhalbkugel. Anders als Kautschuk, der ausschließlich in Äquatornähe gedeiht und den Regenwäldern Konkurrenz macht. Taraxacum ist in allen Klimazonen zuhause, dazu noch auf relativ kargen Böden, die von der Landwirtschaft kaum genutzt werden.

Die Pfahlwurzeln des Kaukasischen Löwenzahns enthalten von Natur aus bereits große Mengen an Kautschuk, dessen Qualität ebenso gut ist wie das Produkt des tropischen Kautschukbaums.

Bessere Züchtung des Reifen-Löwenzahns

Gemeinsam mit Forschern des Fraunhofer-Instituts für Molekularbiologie und angewandte Ökologie in Aachen und des Pflanzenzüchters Aeskulap im niederbayrischen Steinach veränderten die Continental-Ingenieure mit klassischen Züchtungsmethoden auch noch die Eigenschaften des Löwenzahns. Ziel war es, den Gehalt an Kautschuk zu erhöhen. Außerdem sollte er mit normalen landwirtschaftlichen Methoden anbaubar sein und geerntet werden können.

Nicht nur der schonende Umgang mit der Natur bewog Continental, eine Alternative zum Naturkautschuk zu suchen, sondern auch die starken Preisschwankungen. Von Januar 2008 bis Januar 2011 stieg der Preis auf das Zweieinhalbfache. Danach reduzierte er sich allerdings kontinuierlich. Da der Bedarf jedoch steigt, sind neue Preissteigerungen wahrscheinlich.

Doch auch wenn Continental den geeigneteren Rohstoff gefunden zu haben scheint, Bridgestone ist schneller: "Im Jahr 2050 sollen alle Bridgestone-Reifen ausschließlich aus nachhaltigen Rohstoffen produziert werden", verspricht Alexandra Kimmich, eine Sprecherin des Reifenproduzenten. Continental will innerhalb von fünf bis zehn Jahren einen großen Teil des Naturkautschuks durch Gummi aus der Löwenzahnwurzel ersetzen.



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