Autos, Handys, Roboter Energie aus Urin könnte sie bald alle antreiben

Jeder Mensch könnte ein Auto im Jahr 2700 Kilometer weit fahren - mit Energie aus dem eigenen Urin. Forscher sind begeistert ...

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Im alten Rom wurde Urin in öffentlichen Amphoren gesammelt. Waschsalons nutzten ihn für strahlend weiße Wäsche, Gerber zur Behandlung von Häuten. Der gelbe Saft war so wertvoll, dass er mit einer Steuer belegt wurde.

Heute bekommt er wieder Bedeutung: Als kostenloser Rohstoff zur Stromerzeugung.

Eine Möglichkeit, den Reststoff als Ressource zu nutzen: Er dient Mikroorganismen als Nahrung. Diese verwandeln die menschlichen und tierischen Ausscheidungen in Energie. Denn während des Stoffwechsels der Kleinstlebewesen entstehen Elektronen, die die Winzlinge mit Energie versorgen.

Wenn man den Augenblick der Elektronen-Entstehung genau abpasst, lassen sie sich in Form von elektrischem Strom ausschleusen. Das geschieht zum Beispiel in mikrobiellen Brennstoffzellen, die mit organischen Flüssigkeiten aller Art funktionieren - mit Urin ebenso gut wie mit Abwässern in Kläranlagen, bevor diese in der biologischen Stufe landen.

An der Entwicklung von Brennstoffzellen mit Harnstoff-Antrieb arbeitet unter anderem Shanwen Tao von der Heriot-Watt University im schottischen Edinburgh. Nach Taos Berechnungen produziert ein Erwachsener pro Jahr genug Harnstoff, um ein Auto rund 2700 Kilometer weit fahren zu lassen. Städter könnten das Benzin für ihre Kurzfahrten also durchaus selbst produzieren.

Urinal als TankstelleNormalerweise recht nüchtern reagierende Wissenschaftler werden schon mal lyrisch, wenn es um diese Art der Energiegewinnung geht. Als "Herz" bezeichnen Entwickler vom britischen Bristol Robotics Laboratory eine neuartige Pumpe, die eine mikrobielle Brennstoffzelle mit Treibstoff versorgt. Sie besteht aus sogenannten Gedächtnismetallen, die ihre Form verändern, wenn sie durch elektrischen Strom erwärmt werden.

Wenn sie erkalten, nehmen sie ihre ursprüngliche Gestalt wieder an. Pumpe und Brennstoffzelle sollen in einen EcoBot genannten Roboter eingebaut werden, der seine Antriebsenergie ebenso wie die Pumpe aus der Zelle bezieht. Als Treibstoff haben die Briten bisher vergorenes Obst und Gemüse, Abwässer, Urin und sogar tote Fliegen erfolgreich eingesetzt.

Die Briten wollen ihren Roboter unter anderem für Umweltmessungen in Städten einsetzen. Er könnte sich selbst mit Treibstoff aus öffentlichen Toiletten versorgen.

Eine andere Technik auf der gleichen Rohstoffbasis setzen Wissenschaftler am Institut für Bioengineering und Nanotechnologie in Singapur ein. Sie haben ein Ladegerät für Mobiltelefone entwickelt, das mit Urin betrieben wird. Es ist schichtweise aus Kupfer, Kupferchlorid und Magnesium aufgebaut. Urin löst in dieser Anordnung einen chemischen Prozess aus, bei dem Strom entsteht.

Und das ist der Ecobot aus Bristol im Video:



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