Aufräumen auf den Kapverden Deutscher plant schwimmende Müllabfuhr

Eine schwimmende Müllabfuhr soll Inseln sauber halten und mit Strom versorgen. Doch die Entwicklung dauert.

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Abfälle wie diesen will Dirk Lindenau mit seinem Müllschiff aus dem Meer fischen. Quelle: dpa

Vor drei Jahren berichteten wir über einen norddeutschen Ingenieur und seine Pläne, ein schwimmendes Müllschiff zu bauen. Normalerweise ist ein solches Projekt nach drei Jahren umgesetzt oder gescheitert. Umgesetzt ist es noch nicht, aber Dirk Lindenau und sein Maritime Engineering & Projecting Ingenieursbüro arbeiten immer noch an dem Schiff - wir haben nachgefragt, wie weit die Pläne seit 2013 gediehen sind.

Damals war es noch eine wilde Vision. Lindenau hatte gerade 170.000 Euro von der deutschen Bundesstiftung Umwelt (BDU) eingesammelt, für eine Art Machbarkeitsstudie. Dass er Schiffe bauen kann, hatte Lindenau bereits bewiesen, jahrelang führte er die Familien-Werft - bis diese 2008 trotz voller Auftragsbücher insolvent ging.

Mittlerweile ist die schwimmende Müllabfuhr nicht nur Beruf, sondern Berufung geworden. Regelmäßig reist Lindenau auf die Kapverdischen Inseln, wo er mit seinem Schiff starten will. Die BDU glaubt auch heute noch an das Konzept, arbeitet zurzeit eine Investitions- und Betriebskostenanalyse aus.

Gefährliches Plastik

Denn aus der Vision ist ein konkreter Plan geworden: "Wir wollen die deutschen Erfahrungen der Müllverwertung langsam und behutsam auf den Inselstaat im Atlantik übertragen", erklärt Lindenau. Dabei sollen drei Schiffe helfen. Eines sammelt den Müll von den acht Inseln ein und bringt es zu einem umgebauten Frachtschiff, wo der Müll geschreddert und anschließend in organischen Abfall, Plastik und Papier sortiert wird.

Der organische Abfall geht auf ein weiteres Energie-Schiff, wo er fermentiert wird. Aus dem so entstehenden Biogas wird mit Kraft-Wärme-Kopplung Strom erzeugt und an die staatlichen Elektrizitätswerke verkauft. Zudem soll mittels Umkehrosmose quasi im Vorbeigehen aus Meerwasser reines Trinkwasser erzeugt werden. Dieses Wasser können Bauern vor Ort gemeinsam mit dem Fermentierungs-Kompost für den Anbau von Obst und Gemüse nutzen.

Dabei ist es beim Müllproblem längst fünf vor zwölf, findet Lindenau: Die Meere seien zu der größten Mülldeponie der Welt geworden. Mehr als 160 Millionen Tonnen Abfall schwimmen in den Ozeanen. Auf vielen Inseln wird der Müll nämlich einfach mit Öl übergossen, verbrannt und die Reste im Meer entsorgt - wenn der Wind ihn nicht schon vorher auf die offene See weht.

Die Probleme sind verheerend. Schildkröten, Fische oder Vögel verenden durch Plastikmüll. Gifte, die sich in Fischen anreichern, gefährden bei Verzehr wiederum die Gesundheit der Menschen. Und auch die Kosten für das Reinigen von Stränden sind erheblich.

Schwimmende Müllabfuhr kostet 40 Millionen Euro

Die Kommunikationsbemühungen von Lindenau fallen deshalb auf fruchtbaren Boden: Etwa 140.000 Tonnen Müll fallen auf den acht bewohnten Kapverdischen Inseln jährlich an. Bisher landet dieser auf wilden Deponien. Nicht zuletzt der Tourismus erzeugt Druck, das zu ändern. Der Umweltminister der Kapverden hat daher bereits eine Organisation gegründet, die sich mit nachhaltiger Abfallwirtschaft beschäftigt und mit der Lindenau in ständigem Kontakt steht. Mitte April wollen Abgesandte nach Deutschland kommen, um sich die thermische Müllverwertung vor Ort anzuschauen.

Klingt zunächst gut, es warten schließlich weltweit einige Zehntausend Inseln darauf, eine geregelte Abfallentsorgung zu bekommen. Das Problem ist die Finanzierung: Mit weit über 40 Millionen Euro Kosten rechnet der Müll-Pionier. Diese könnten über eine Privat Public Partnership zusammenkommen - alleine werden die Kapverdischen Inseln diese Summe nicht stemmen können. Auch die deutschen Reedereien - Lindenau würde gerne mit deutschsprachigen Firmen zusammenarbeiten -  sind derzeit wirtschaftlich nicht auf Rosen gebettet.

Deshalb überlegt der angehende Schiffbauer bereits in andere Richtungen. Ein Konzept für die Malediven hat er ebenfalls in der Schublade. Mit kleineren Booten, da die Inseln so flach im Wasser liegen, dass sie nicht von Schiffen angefahren werden können. Auch hier sagt er: "Man muss Geduld haben." Für die Kapverden-Müllschiffe nochmal anderthalb Jahre - spätestens 2017 soll der Bau beginnen.

Detaillierte Pläne zum Ausbau finden Sie in dieser Präsentation.

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